Harald Schrapers. Foto: Spiel des Jahres

„Im Spielejahrgang fällt große Vielfalt an sehr unterschiedlichen Spielen ins Auge“

„Menschen möchten etwas gemeinsam erleben – auch und gerade in Zeiten, in denen wir viel zu Hause sind“, schreibt der Spiel-des-Jahres-Jury-Vorsitzende Harald Schrapers in seinem Kommentar zum Spielejahrgang 2020. Er freut sich außerdem über die steigende Qualität der Spiele.


Hinweis: Der Kommentar ist eine Pressemitteilung von Spiel des Jahres.

Menschen möchten etwas gemeinsam erleben – auch und gerade in Zeiten, in denen wir viel zu Hause sind. Das ist ein Grund, warum in diesem Jahr in vielen Haushalten Brettspiele mehr denn je auf den Tisch kommen. Mehr als 300 deutschsprachige Neuheiten sind in den letzten zwölf Monaten in den Handel gekommen – diese haben wir intensiv unter die Lupe genommen. Dabei bleibt wieder festzustellen: Die Qualität der Spiele nimmt seit Jahren durchweg zu, da leisten die Autorinnen und Autoren, Illustratorinnen und Illustratoren sowie die Redaktionen eine sehr gute Arbeit, für die wir uns herzlich bedanken möchten.

Glücklicherweise waren nahezu alle Spiele vor den coronabedingten Kontaktbeschränkungen bei uns eingetroffen, so dass wir sie wie in den Vorjahren in unzähligen Runden in Spielekreisen, auf Messen und Veranstaltungen, in der Familie sowie mit Nachbar*innen und Kolleg*innen spielen konnten. Nur bei einem Spieletypus war das nicht ohne weiteres möglich: Den so genannten Legacy-Spielen. Legacy heißt, dass einzelne Elemente und persönliche Fortschritte von Partie zu Partie „vererbt“ werden. Die meisten Jurymitglieder haben sie nicht in unterschiedlichen Runden gespielt, sondern jeweils bis zu 24 Partien in immer derselben Personenzusammensetzung – bis alle Umschläge geöffnet und alle Sticker aufgeklebt waren. „My City“ und „The King’s Dilemma“ heißen die beiden nominierten Legacy-Spiele, die einen ungewöhnlich beeindruckenden Langzeitspaß bieten.

Eine aufeinander aufbauende Kampagne bieten auch die beiden kooperativen Spiele in unserer Auswahl. Während „Kitchen Rush“ ein Echtzeitspiel ist, das uns in die Hektik eines Restaurants entführt, ist das nominierte „Die Crew“ eine Art Stichspielknobelei. Auch wenn „Die Crew“ recht kurze Regeln hat, bietet es wirklich knifflige Herausforderungen für Spielekenner*innen.

Insgesamt fällt die große Vielfalt an sehr unterschiedlichen Spielen ins Auge, wenn wir uns die diesjährigen Auswahllisten anschauen. Sehr kommunikativ sind das Farb-Quizspiel „Color Brain“ und das mit Klötzen, Steinen, Pixeln, Stöcken und Schnüren ungewöhnlich ausgestattet „Pictures“, das die Mitspielenden kreativ werden lässt ist und von uns nominiert wurde.

Breit gefächert ist auch das Spektrum der eher klassischen Brettspiele. Das mit einer Nominierung ausgezeichnete „Nova Luna“ enthält die Kombination einer cleveren Kaufmechanik mit außergewöhnlichen Puzzleherausforderungen, die Langzeitspielreiz garantieren. „Draftosaurus“ besticht durch einen besonderen Verteilmechanismus – man nennt das „Drafting“ – und „Little Town“ ist ein knackiges Strategiespiel, bei dem wir Arbeiter auf dem Spielbrett einsetzen, um Grundstücke zu nutzen.

Würfel spielen in diesem Jahr kaum eine Rolle bei den von uns ausgewählten Spielen. Stattdessen sorgen die nach und nach umgedrehten Spielkarten für den Glücksfaktor bei „Der Kartograph“. Dieses nominierte Spiel ist fesselnd, weil es ein Thema transportiert und uns das Gefühle gibt, tatsächlich eine Landkarte auf unsere Zettel zu malen.

Komplettiert wird die Auswahl durch das recht anspruchsvolle „Res Arcana“ mit seinen Karten und magischen Ressourcen, das raffinierte Zwei-Personen-Stichspiel „Der Fuchs im Wald“ und das sehr leicht zugängliche Bluffspiel „Spicy“.

Neben den anfangs erwähnten Legacy- und Kampagnenspielen fiel noch ein zweiter Trend ins Auge:  Es gibt immer mehr sehr anspruchsvolle Brettspiele, die auf eine steigende Zahl an Spieler*innen treffen, die gerne auch mal zwei bis drei Stunden Zeit mitbringen und auch vor umfangreichen Regelwerken nicht zurückschrecken. Die „Paladine des Westfrankenreichs“ und „Underwater Cities“ sind zwei Vertreter eines Spielesegments, das in diesem Jahrgang durch besondere Qualität auffällt und einen Teil des „Kulturgutes Spiel“ ausmacht, den man nicht übersehen darf.

Insgesamt stehen auf den Empfehlungs- und Nominierungslisten Spiele für jeden Anlass, jeden Geschmack und jede Gruppengröße. Vier Titel besitzen zudem einen Solomechanismus, so dass man auch allein spielen kann, wenn man keine Mitspielenden findet.

Das deutschsprachige Brettspiel, das „German Style Game“, gilt weltweit als stilbildend, und gleichzeitig beobachten wir seit Jahren eine beschleunigte Internationalisierung. Auch in diesem Jahr kommen die Spielideen von Autoren – und leider nur zwei Autorinnen – aus aller Welt, von denen das Gesellschaftsspiel insgesamt sehr profitiert. Immerhin vier der sechs nominierten Spiele sind von deutschsprachigen Autoren. Das zeigt, dass auch die heimischen Spieleentwickler in diesem Jahrgang überzeugende Arbeit geleistet haben. Am 20. Juli fällt die Entscheidung, welche der nominierten Titel als Spiel und Kennerspiel des Jahres ausgezeichnet werden.

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