Die Embracer Group will sich in drei unabhängige Unternehmen aufspalten. Das hat auch Auswirkungen auf Asmodee. Der Brettspielgigant startet mit 900 Millionen Euro Schulden in die neue Eigenständigkeit.
Über Asmodee
Asmodee ist ein weltweit führender Verlag und Distributor von Brettspielen, Sammelkartenspielen und digitalen Brettspielen. Das Unternehmen besitzt ein Portfolio von über 300 Marken, darunter Ticket to Ride, 7 Wonders, Azul, Catan, Dobble, Exploding Kittens und viele mehr. Asmodee betreibt 23 eigene Studios und beschäftigt über 2.450 Mitarbeiter. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Paris, Frankreich, und vertreibt seine Produkte in über 150 Ländern. Im Geschäftsjahr 2023/24 erzielte Asmodee einen Nettoumsatz von 14,8 Milliarden Schwedischen Kronen (etwa 1,3 Milliarden Euro) und einen bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 1,9 Milliarden Schwedischen Kronen (etwa 170 Millionen Euro).
Asmodee wurde 1995 gegründet und ist seitdem stark gewachsen. Seit 2018 befand sich Asmodee im Besitz des Privat-Equity-Unternehmens PAI Partners. Im Jahr 2021 kaufte Embracer Asmodee für 2,75 Milliarden Euro.
Die schwedische Embracer Group war in der Vergangenheit auf Einkaufstour: Die von Lars Wingefors gegründete Holding verkündete bis 2023 in rascher Folge Übernahmen, Finanzierungsrunden und Aktienemissionen. Niedrige Zinsen machten es leicht, sich zu verschulden. Mit dem Geld konnte Embracer Unternehmen kaufen. Das trieb den Aktienkurs in die Höhe, was wiederum den Zugang zu mehr Kapital erleichterte und weitere Investitionen ermöglichte.
Im Jahr 2021 kaufte Embracer Asmodee für 2,75 Milliarden Euro von PAI Partners [Mehr dazu in unserem Artikel von damals]. Nach der Übernahme träumte Embracer vom Aufbau eines globalen Spiele-Ökosystem – sowohl analog als auch digital.
Gescheiterte Zwei-Milliarden-Finanzierung
Um diese und weitere Expansionen finanzieren zu können, brauchte Embracer Geld. Im Mai 2023 scheiterte jedoch eine Finanzierung in Höhe von zwei Milliarden Dollar. Laut Medienberichten war der potenzielle Investor die Savvy Games Group, hinter der ein saudischer Staatsfonds steht. Ohne frisches Geld musste Embracer auf Restrukturierung setzen. Die Holding verkaufte Beteiligungen, teils mit hohen Verlusten. Zudem stoppte Embracer Projekte, schloss Studios und entließ etwa 1.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im Frühjahr 2021 betrug der Börsenwert des Unternehmens rund 13,2 Milliarden Euro, eine Aktie kostete mehr als 12 Euro. Durch die geplatzte Finanzierung sank der Wert auf 2,5 Milliarden Euro, der Aktienkurs auf 1,8 Euro.
Jetzt will sich Embracer in drei unabhängige börsennotierte Unternehmen aufspalten – Asmodee, Coffee Stain & Friends (CSF) und Middle-earth Enterprises & Friends (MEEF). Zwischen den Unternehmen soll es weiterhin Kooperationen und gegenseitige Lizenzabkommen geben, aber zu marktüblichen Konditionen. Schließlich handelt es sich dann um Wettbewerber mit eigenen strategischen und finanziellen Ambitionen.
Embracer-Aufspaltung in mehreren Schritten
Die Aufspaltung soll in mehreren Schritten erfolgen: Zunächst soll Asmodee in den kommenden zwölf Monaten an die Börse gebracht werden. CSF soll 2025 folgen. Aktionäre von Embracer, das als MEEF weiter an der Börse notiert sein soll, behalten ihre Anteile. Zusätzlich sollen sie Aktien von CSF und Asmodee als Dividende erhalten. Alle drei Unternehmen sollen an der Stockholmer Nasdaq notiert werden.
Asmodee soll sich weiter auf Brettspiele, Sammelkarten, Tabletop, und Rollenspiele konzentrieren. MEEF soll Toptitel und Topmarken verwalten, zum Beispiel das Herr-der-Ringe-Universum und Tomb Raider. CSF soll sich auf PC-, Konsolen- und Mobile-Spiele konzentrieren, unterteilt in Premium und Free-to-play.
Die Aufspaltung soll es den drei Firmen laut Embracer ermöglichen, sich stärker auf ihre jeweiligen Märkte zu konzentrieren. Peter Steinlechner hinterfragt dieses Argument auf golem.de.
Gerade noch hat man den Aktionären die Geschichte mit der „kompletten Verwertungskette aus einer Hand“ verkauft. Nun gilt das nicht mehr. Stattdessen sollen drei weitgehend unabhängige Firmen relativ spezielle Märkte bedienen. […] Die Aufspaltung von Embracer Group wird zumindest mittelfristig ein teurer Spaß. Die juristischen Vorgänge plus das Finden neuer Manager und die Änderung der Strukturen, werden Millionen kosten – Geld, das nicht in die Spieleproduktion fließt.
golem.de
Gameswirtschaft weist in einer Blitzanalyse auf einen weitere Aspekt hin.
Mit Blick auf die nunmehr handlich filetierten Tranchen steigt nun wieder die Wahrscheinlichkeit, dass sich Saudi-Arabien – aktuell zweitgrößter Embracer-Aktionär – einzelne Filetstücke sichert, ohne sich wie vor einem Jahr den kompletten Fisch angeln zu müssen. Diese Deutung lässt sich auch aus jenen Zeilen herauslesen, die die konsumfreudige, staatliche, saudische Savvy Games Group zur Feier des Tages beisteuert: „Wir begrüßen die heutige Ankündigung hinsichtlich der Transformation in drei separate Einheiten – und glauben, dass dieser Vorschlag signifikante Vorteile für das operative Geschäft und die Aktionäre hat.“
Gameswirtschaft
Es ist vorgesehen, dass die Muttergesellschaften von Asmodee, CSG und MEEF ihren Hauptsitz in Karlstad, Schweden, haben werden. Der operative Hauptsitz von Asmodee soll in Paris bleiben. Als Vorbereitung auf die Aufspaltung werden Stéphane Carville, derzeitiger Asmodee-CEO, und Marc Nunes, derzeitiger COO, dem Verwaltungsrat von Asmodee beitreten. Thomas Koegler, der aktuell stellvertretender COO ist, soll in den kommenden Monaten Asmodee-CEO werden.
900 Millionen Euro Kreditlast für Asmodee
Asmodee startet als eigenständiges Unternehmen mit einer Bürde: Durch die Aufspaltung gehen Schulden der beiden Games-Einheiten in Höhe von 900 Millionen Dollar auf Asmodee über. Das funktioniert folgendermaßen: Embracer hat über Asmodee einen Kredit in Höhe von 900 Millionen Euro aufgenommen. Die Laufzeit beträgt 18 Monate, über die Konditionen wurde Stillschweigen vereinbart. Ein Großteil der Summe dient der Refinanzierung eines bestehenden Kredits in Höhe von 700 Millionen Euro. Er ist im Februar 2025 fällig. Das Verhältnis von Nettoverschuldung zu bereinigtem Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) liegt bei Asmodee dadurch bei etwa 3,9. Das heißt, Asmodee benötigt aktuell 3,9 Jahre, um die Nettoverschuldung aus dem EBITDA zu zu begleichen.
Peer Sylvester warnt auf spielbar.com vor möglichen Folgen.
Asmodee läuft gut und darf zum Dank Embracers Schulden abbezahlen. Und das in einer Menge, die deutlich über dem liegt, was wirtschaftlich als verantwortungsvoll gilt. Schafft Asmodee es nicht, den Schuldenberg zu verkleinern – und Gewinn lässt sich eben nicht ins Unendliche steigern, gerade im Spielebereich – dann besteht die reelle Gefahr, dass Asmodee pleite geht. Embracer ist seine Schulden dann aber dennoch losgeworden, denn sie sind ja von Asmodee unabhängig. […] Schafft Asmodee aber das kleine Wunder und befreit sich aus den auferlegten Finanznöten, dann ist Embracer nicht nur die Schulden los, sondern hat auch noch Anteile an einer dann gesunden Firma – Win-Win. Für einen der beiden zumindest.
Auch Hanzala Iftikhar kritisiert auf Exputer diesen Schritt.
Es war nicht Asmodees Schuld, dass Embracer so viele lächerliche und dumme Entscheidungen getroffen hat. Aber warum wird die Firma für alles verantwortlich gemacht? Wenn Sie mich fragen, wird dieser Schritt noch mehr Schaden anrichten, als Embracer bereits angerichtet hat.“
Exputer
Embracer-CEO Wingefors sieht das naturgemäß anders. Er sagte auf der Investoren-Pressekonferenz zur Aufspaltung, dass Asmodee ein etabliertes Unternehmen mit einer langen Erfolgsgeschichte sei.
„They [Asmodee] have carried up to or even more than 5x leverage under their private ownership from private equity under many years. It’s a well known asset by many leading European banks and obviously they have done their homework on this.“
Lars Wingefors, Gründer, CEO und Großaktionär von Embracer
Wingefors ist wie die Banken zuversichtlich, dass Asmodee auch in Zukunft stabile Cashflows erwirtschaftet. Ob seine Zuversicht berechtigt ist, werden wir spätestens in 18 Monate wissen. Dann wird der 900-Millionen-Euro-Kredit fällig.