Schachspiel, Figuren von Paul Heermann, Dresden um 1705, Brettschatulle von Paul Solanier, Augsburg, um 1705-1709, Detail Silbereinlagen, gefärbtes Elfenbein, Schildpatt © Galerie Kugel, Paris, Foto: Guillaume Benoit

Geschenk fürs Grüne Gewölbe: Schachspiel aus Elfenbein, Ebenholz und Silber

Der neueste Schatz im Grünen Gewölbe ist ein Schachspiel. Es besteht aus Elfenbein, Ebenholz, Schildpatt und Silber. Es stammt aus der Zeit des Museumsgründers, des sächsischen Königs August des Starken.


Grünes Gewölbe
Gold, Bergkristall und Diamanten funkeln in der Schatzkammer, die August der Starke 1723 bis 1729 anlegen ließ. Heute verbindet das Grüne Gewölbe in Dresden Altes und Neues: Während das Historische Grüne Gewölbe im Erdgeschoss des Residenzschlosses das Eintauchen in die authentisch rekonstruierten Räume der Schatzkammer ermöglicht, zeigt das Neue Grüne Gewölbe eine Etage höher die ganz besonderen Einzelstücke – eindrucksvoll beleuchtet hinter Glas. Das Grüne Gewölbe ist Teil der Staatlichen Kunstsammlungen

Solche kostbaren Geschenke bekommt nicht jeder zum Geburtstag: Anlässlich seines 300-jährigen Bestehens erhielt das Grüne Gewölbe in Dresden ein kostbares Prunkschach aus Elfenbein, Ebenholz, Schildpatt und Silber. Es gehörte einst dem sächsischen König August dem Starken. „Bezahlt haben wir ein bisschen unter einer Million Euro“, sagte Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kulturstiftung laut Mitteldeutscher Zeitung. Das sei ein angemessener Preis für ein außergewöhnliches Stück. Die Stiftung erwarb das Spiel als Dauerleihgabe für das Museum.

Prunkstück und Forschungsauftrag

chachspiel, Figuren von Paul Heermann, Dresden um 1705, Brettschatulle von Paul Solanier, Augsburg, um 1705-1709 Silbereinlagen, gefärbtes Elfenbein, Schildpatt © Galerie Kugel, Paris, Fotos: Guillaume Benoit
Schachspiel, Figuren von Paul Heermann, Dresden um 1705, Brettschatulle von Paul Solanier, Augsburg, um 1705 bis 1709 Silbereinlagen, gefärbtes Elfenbein, Schildpatt © Galerie Kugel, Paris, Fotos: Guillaume Benoit

Das Schachspiel sei laut Museum eine der spektakulären Neuentdeckungen der vergangenen Jahre im Bereich der europäischen Schatzkunst des Barock. Nachdem sich das Spiel über Jahrhunderte in Privatbesitz befunden habe, tauchte es 2018 auf dem Kunstmarkt auf.

Die 32 Schachfiguren sind geschnitzte Miniaturen. Sie zeigen europäisch und afrikanisch-orientalisch gekleidete Personen. Bauern sind als Soldaten dargestellt, Läufer als Herolde. Der Einsatz von Kriegselefanten auf beiden Seiten deutet auf die Syrischen Kriege hin. Die Figuren stammen vermutlich von dem sächsischen Bildhauer Paul Heermann. Er nutzte die unterschiedliche Härte und Struktur von Elfenbein und Ebenholz, um den weiß-schwarzen Figuren ihre spezifische Ausdruckskraft zu verleihen.

„Das neue Prunkstück ist nicht nur Augenschmaus für die Besucher, sondern enthält Forschungsaufträge an die Kuratorinnen und Kuratoren: Lassen sich die schwarzen und weißen Mikroskulpturen ins Werk des Dresdner Bildhauers Paul Heermann einfügen?“

Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung

Schachbrett mit Silbereinlagen

Auch das Brett ist von hoher künstlerischer Qualität. Dass es eigens für die Figuren geschaffen wurde, belegen die passgenauen, vergoldeten Silbersockel. Ihre Beschau- und Meistermarken verweisen auf den Augsburger Goldschmied Paul Solanier (1635 bis 1724). In seiner Werkstatt entstanden auch die Silbereinlagen der Spielfelder. In die zwei Schubladen an den Seiten sind für jede Figur ausgearbeitete Vertiefungen eingelassen, so dass das Brett zugleich als Schatulle für die bildhauerischen Kostbarkeiten dient.

Zum Download hinzufügen Schachspiel, Figuren von Paul Heermann, Dresden um 1705, Brettschatulle von Paul Solanier, Augsburg, um 1705-1709, Detail Silbereinlagen, gefärbtes Elfenbein, Schildpatt © Galerie Kugel, Paris, Foto: Guillaume Benoit
Schachspiel, Figuren von Paul Heermann, Dresden um 1705, Brettschatulle von Paul Solanier, Augsburg, um 1705-1709, Detail Silbereinlagen, gefärbtes Elfenbein, Schildpatt © Galerie Kugel, Paris, Foto: Guillaume Benoit

Die schwer lesbare Inschrift auf einem der weißen Herold-Läufer trägt den mit heißer Nadel in Mikroschrift ausgeführten Schriftzug „Her/mann“. Sollte dieses mit bloßem Auge kaum wahrnehmbare Detail tatsächlich als Hinweis auf den Schöpfer der Figuren zu lesen sein, wäre es das einzige bisher bekannte barocke Schachspiel mit einer solchen Signatur.

Schachspiel als Beleg für überregionale Zusammenarbeit

Das Schachspiel ist auch ein Beleg für die überregionale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Schatzkunst. Die Händler der süddeutschen Goldschmiedemetropole standen in ständigem Kontakt mit dem sächsischen Hof, waren auf den Leipziger Messen präsent und unterhielten beste Handelsbeziehungen nach Dresden, was die Entstehung eines komplexen Werkes wie des vorliegenden Schachspiels ermöglichte. Obwohl das Werk selbst keinen direkten Hinweis auf einen Adressaten gibt, lassen die kostbaren Materialien und der künstlerische Anspruch keinen Zweifel daran, dass es sich um ein höfisches Kabinettstück handelt, das einem fürstlichen Umfeld vorbehalten war.

„Das Schachspiel schließt eine empfindliche Lücke: Laut barocken Inventaren gehörten mindestens drei vergleichbare Schachspiele zur Dresdner Sammlung. Sie gingen jedoch verloren. .“

Marius Winzeler, Direktor des Grünen Gewölbes und der Rüstkammer

Zukünftig wird das Schachspiel im Neuen Grünen Gewölbe des Dresdner Residenzschlosses ausgestellt sein und mit Werken aus der Sammlung Augusts des Starken im Dinglingersaal präsentiert.

Mehr Musen, mehr Schachspiele

Das Grüne Gewölbe ist nicht das einzige Museum mit einem außergewöhnlichen Schachspiel. Stellvertretend für viele andere Museen seien hier drei Beispiele genannt: Das Bayerische Nationalmuseum besitzt ein Schach aus Meißener Porzellan. Es stammt aus der Münchner Residenz und wurde vermutlich am kurfürstlichen Hof benutzt oder dekorativ präsentiert. Im Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig steht ein um 1615 gefertigtes Brett. Die hellen Elfenbeinfelder zieren gravierte und geschwärzte humoristische Figuren- und Tierszenen aus dem Themenbereich der Fabeln und der „Verkehrten Welt“, Das Kunsthistorische Museum Wien zeigt ein seltenes Spielbrett für Schach und den „Langen Puff“ mit 20 Spielsteinen. Die zahlreichen Figuren zeigen Motive der ritterlich-höfischen Welt mit Bezug auf Jagd, Musik, Minne und den Kampf gegen Ungeheuer.

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