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FDP-Antrag: Spiele und Spieleautoren würdigen

Die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag hat einen Antrag gestellt und will damit die rechtlichen und vergütungsrechtliche Rahmenbedingungen für Spieleautorinnen und Spieleautoren verbessern. kulturgutspiel.de dokumentiert die Vorabfassung des Antrags.


Drucksache 19/23682 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 27.10.2020 – Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt.

Antrag der Abgeordneten Thomas Hacker, Katja Suding, Renata Alt, Jens Beeck, Mario Brandenburg, Sandra Bubendorfer-Licht, Dr. Marco Buschmann, Britta Katharina Dassler, Christian Dürr, Hartmut Ebbing, Dr. Marcus Faber, Otto Fricke, Thomas Hacker, Reginald Hanke, Peter Heidt, Katrin Helling-Plahr, Markus Herbrand, Torsten Herbst, Katja Hessel, Reinhard Houben, Ulla Ihnen, Dr. Marcel Klinge, Daniela Kluckert, Pascal Kober, Konstantin Kuhle, Ulrich Lechte, Thomas Sattelberger, Dr. Wieland Schinnenburg, Hermann Otto Solms, Gerald Ullrich, Nicole Westig und der Fraktion der FDP

Spiele und Spieleautoren würdigen – Rechtliche und vergütungsrechtliche Rahmenbedingungen verbessern

Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Spiele vermitteln seit jeher Werte, verschaffen Gemeinschaftsgefühl, sorgen für Entschleunigung und bringen den Menschen Lebensfreude. Spiele – ob analog oder digital – sind als Kulturgut anerkannt; sie haben aber – nicht nur als vielfältig genutztes Bildungsmedium – eine oft unterschätzte gesellschaftliche Relevanz. Umso erstaunlicher ist es, dass gerade die traditionellen -– analogen – Spiele ihren digitalen Pendants in Punkto kulturelle Anerkennung und Wertschätzung in eini-gen Teilen hinterherlaufen. An fehlender Marktdurchdringung oder Relevanz kann es nicht liegen – gerade Brett-, Würfel- und Kartenspiele verzeichnen eine hohe Beliebtheit und sind als Vertreter der analogen Spiele ein wichtiger Teil eines relevanten Wirtschaftsfaktors.

Der Umsatz mit analogen Spielen ist im Zeitraum 2010 bis 2018 von 450 Mio. Euro auf 550 Mio. Euro gewachsen (https://de.statista.com/infografik/19743/um-satz-mit-digitalen-spielen-und-gesellschaftsspielen-in-deutschland/). Deutsche Spiele sind dabei national wie international erfolgreich. Die hohe Exportquote von 66 Prozent unterstreicht die Internationalität und Anerkennung der deutschen Spiele weltweit. Die Vielzahl jährlich neu erscheinender – analoger – Spiele (ca. 1.200) unterstreicht die Innovationskraft der Branche und des Kulturstandortes Deutschland. Spiele erfreuen sich andauernd hoher Beliebtheit und das über alle Altersgruppen hinweg. Lediglich 13 Prozent der Bevölkerung spielen keine Spiele. Auf Basis dieser Erfolgsgeschichte ist es nicht verwunderlich, dass derzeit um die 130 Spieleverlage in Deutschland existieren. Ausgangspunkt dieser florierenden Branche ist jedoch der Kreative. Der Spieleautor entwirft traditionelle – analoge – Spiele und respräsentiert daher den Gegenentwurf zum Gamesdesigner, welcher widerum digitale Spiele entwirft.

Spiele sind wie Bücher Teil eines ganzheitlichen Kulturauftrages und haben einen festen Platz in der Gesellschaft. So werden vermehrt analoge Spiele in Buchhandlungen verkauft oder in Bibliotheken ausgeliehen. Die Zugänglichkeit von öffentlichen Bibliotheken ermöglicht dabei die Teilhabe der Gesamtbevölkerung auch an diesem Kultur- und Bildungsschatz. Nicht nur die Spiele verdienen Würdigung, sondern auch deren Autoren, welche durch ihre Kreativität die Spielelandschaft permanent bereichern und weiterentwickeln. Entscheidend ist jedoch, dass Spieleautoren für in den Bibliotheken genutzte Spiele angemessen vergütet werden. Eine umfassende digitale Basis zur Erfassung, Archivierung, Autorenabrechnung, Auswertung, Ausbildung und Forschung existiert bislang nicht, obwohl die lückenlose Sammlung, dauerhafte Archivierung und bibliografische Verzeichnung aller deutschen und deutschsprachigen Publikationen die vornehmliche Aufgabe der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) ist. Die DNB steht somit sinnbildlich für das deutsche Kulturgut. Gleichwohl erfüllt die Datenerfassung durch die DNB auch eine monetäre Aufgabe, da sie die Grundlage für die Ausschüttungen der Bibliothekstantieme der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) bildet. Zudem fordert der Deutsche Kulturrat bereits seit dem Jahr 2015 eine Aufnahme der analogen Spiele in den Sammlungskatalog der DNB (https://www.spieleautorenzunft.de/files/public/Nachrichten-News/DKR%2015%2006%2024%20%20Ana-loge%20Spiele%20in%20den%20Sammlungskatalog%20der%20DNB%20aufnehmen.pdf).

Aufgrund der Tatsache, dass analoge Spiele aktuell vom Sammlungsauftrag der DNB ausgeschlossen sind und andere bundesweite Bestandsverzeichnisse nicht existieren, wird den Spieleautoren und Spieleverlagen ein Rechtsanspruch auf die Bibliothekstantieme verwehrt. Diese Regelungslücke erscheint insbesondere im Angesicht des § 3 DNB-Gesetz planwidrig und gehört schnellstmöglich geschlossen. Schließlich bilden die in Schriftform verkörperlichten Spielregeln den geistigen Kern analoger Spiele und sind als Sprachwerke Büchern und vergleichbaren Publikationen gleichzustellen. Dies ist umso wichtiger, da die aktuelle Melde- und Datenbasis für nicht-digitale Spiele mehr als lückenhaft und fragmentiert ist und kein Pendant zum Verzeichnis lieferbarer Bücher (VLB) besteht.

Eine Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen ist mehr als notwendig. Gerade die Corona-Krise hat aufgezeigt wie prekär die Vergütung und damit verbundene Lebenssituation vieler Kreativer ist. Die Sicherheit einer regelmäßigen und planbaren Ausschüttung durch die VG Wort ist anzustreben, um die gerechte Ausschüttungspraxis und Vergleichbarkeit zu anderen urheber- und leistungs-schutzrechtlichen Werken herzustellen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. darauf hinzuwirken, dass eine einheitliche Datenbasis für das Kulturgut Brett- und Kartenspiel geschaffen wird;
2. darauf hinzuwirken, dass eine Kompatibilität und Interoperabilität der zu schaffenden Datenbasis mit der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) oder anderen bundesweiten Bestandsverzeichnissen wie dem Verzeichnis lieferbarer Bücher (VLB) hergestellt wird;
3. darauf hinzuwirken, dass wirksame und praktikable Lösungen gefunden werden, um Spieleautoren den nach § 27 UrhG begründeten Rechtsanspruch auf die Bibliothekstantieme zu gewähren;
4. zu prüfen, inwieweit Umfang und Höhe der jährlichen von Bund und Ländern getragenen Vergütungssummen zur Abgeltung der Bibliothekstantieme gemäß § 27 Abs. 2 UrhG angepasst werden müssten;
5. hierfür entweder die Sammelrichtlinien der DNB und die Pflichtabgabeverordnung entsprechend anzupassen, um analoge Spiele in den Sammlungskatalog der DNB aufzunehmen oder alternative gleichwertige Lösungen wie zum Beispiel über das VLB zu finden;
6. bei einer Umsetzung über die DNB die weiteren Aufgaben in den Haushaltsplanungen zu berücksichtigen und im Rahmen der zu Verfügung stehenden Haushaltsmittel den Etat entsprechend anzupassen.

Berlin, den 27. Oktober 2020
Christian Lindner und Fraktion

„Regierungsmehrheit wird sich unseren Antrag vermutlich nicht zu eigen machen“
Drei Fragen an Thomas Hacker, medienpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag und Obmann im Ausschuss Kultur und Medien

Wie schätzen Sie die Erfolgschancen des Antrags ein?
Als Opposition müssen wir natürlich realistisch auf unseren Antrag schauen – die Regierungsmehrheit wird sich diesen vermutlich nicht zu eigen machen, auch wenn sie vielleicht Inhalte des Antrages teilt. Entscheidend ist aber für uns Freie Demokraten unsere politische Haltung zu diesem Thema durch den Antrag zu unterstreichen und eine parlamentarische Debatte in Gang zu setzen. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Spieleautoren ist bislang von keiner anderen Fraktion aufgegriffen worden und niemand hat sich dieses wichtigen Themas angenommen. Zunächst muss der Antrag dafür im Ausschuss für Kultur und Medien beraten werden, bevor er wieder mit einer Beschlussempfehlung im Plenum behandelt wird. Eine inhaltliche Einschätzung der Diskussionspunkte der anderen Fraktionen ist schwierig, da ja sowohl die Spiele-Autoren-Zunft als auch der Deutsche Kulturrat das Ziel des Antrags unterstützen. Ein möglicher Kritikpunkte wäre allenfalls, dass die Deutsche Nationalbibliothek bereits überfordert sei und weitere Haushaltsmittel in der Corona-Krise dafür bereitgestellt werden müssten.

Der Antrag greift mehrere Forderungen der Spiele-Autoren-Zunft (SAZ) auf. Unterstützt die FDP auch die SAZ-Forderung nach umsatzsteuerlicher Gleichstellung von Spielen mit anderen Kulturgütern. Also die Forderung, analoge Spiele mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern?
Wir verfolgen beim Steuerrecht grundsätzlich einen Ansatz, der Klarheit und Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger schafft. Das deutsche Steuerrecht und die verschiedenen Umsatzsteuerhöhen müssen vereinfacht – also zusammengeführt – werden. Dies kann nur gelingen, wenn wir einen einheitlichen Umsatzsteuersatz festlegen. Wie dieser dann konkret aussieht, muss dann entschieden werden.  

Die digitale Spielebranche (Gamesbranche) wird in Deutschland mit 250 Millionen Euro gefördert. Ist die FDP dafür, auch die analoge Spielebranche finanziell zu fördern?
Als Freie Demokraten sehen wir staatliche Förderungen an sich ja eher skeptisch – erst recht, wenn Sie sich nicht an den Realitäten orientieren und in den Wettbewerb eingreifen. Eine Förderung sollte nur Ultima Ratio sein und immer im Gesamtkontext – Branche, Rahmenbedingungen national wie auch europäisch – betrachtet werden. Die digitale Spielebranche bekommt derzeit Unterstützung vom Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur, weil eine Lücke zwischen nationalen Produktionen und nationalem Absatzmarkt besteht und andere EU-Staaten den Sektor selbst massiv fördern. Eine Förderung kann angeraten sein, um den Standort- und Technologiewettbewerb anzunehmen. Ein Marktversagen bzw. eine solche Markt- und Unternehmensschieflage besteht meines Wissens bei den analogen Spielen nicht. Zudem wäre eine Förderung auch bei der Kulturstaatsministerin anzusiedeln, wo von Hause aus eher weniger Haushaltsmittel zur Verfügung stehen.

Die Fragen stellten wir im Januar 2021 per Mail.

Aktualisierung am 8. August 2021
Der FDP-Antrag wurde federführenden im Ausschuss für Kultur und Medien besprochen und dort im März 2021 abgelehnt. Wir haben die Diskussion und die Reaktion der Spiele-Autoren-Zunft (SAZ) auf die Ablehnung dokumentiert.

Ein Kommentar

  1. Die Spiele-Autoren-Zunft (SAZ) ist sehr froh, dass jetzt eine Partei das Thema konkret aufgegriffen hat, nachdem wir im Mai 2019 Kulturpolitiker*innen der Parteien im Bundestag unser Anliegen vorgestellt hatten – untermauert von einem umfangreichen juristischen Gutachten, das den Rechtsanspruch einer Bibliothekstantieme auch für Spiele untermauert. Auf die jetzt folgende Diskussion im Kulturausschuss sind wir gespannt und hoffen auf die Unterstützung weiterer Parteien.

    Christian Beiersdorf
    Referent für Urheberthemen und politische Kommunikation

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