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US-Zölle setzen deutsche Brettspielbranche unter Druck

US-Zölle treffen nicht nur amerikanische Spieleverlage. Auch deutsche Unternehmen müssen umdenken. Selbst wer nicht in die USA exportiert, spürt die Folgen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen dazu.


Internationale Perspektive
Im Fokus des Artikels stehen die Auswirkungen der US-Zölle auf deutsche Verlage. Wenn Du Dich für eine internationale Perspektive interessiert, findest Du weiterführende Informationen in den Artikeln Board game industry reels as Trump tariffs threaten job losses, company extinctions auf Boardgamewire sowie Tariff Talk from Publishers on Costs, Sales, Conventions, Projections, and More und Tariff Talk from Stonemaier, Cephalofair, Game Trayz Lab, and Steve Jackson Games auf Boardgamegeek.

Die Zölle der US-Regierung setzen die deutsche und internationale Brettspielbranche unter Druck. Besonders Abgaben auf Importe aus China treffen Verlage hart, da sie dort viele Spiele produzieren. Unternehmen kämpfen mit steigenden Kosten, unsicherer Planung und drohenden Umsatzeinbußen. Crowdfunding-Projekte geraten ins Wanken. Verlage ziehen sich von amerikanischen Conventions zurück. Verbände warnen vor langfristigen Folgen für Vertrieb, Innovationen und die internationale Zusammenarbeit. Auch der deutsche Markt ist betroffen, wenn Lokalisierungen aus den USA wegfallen, Auflagen sinken und Kooperationen unrentabel werden.

Mehr Details erfährst Du in den Antworten auf die folgenden Fragen.


Welche Zölle gelten aktuell?

Welche Zölle für welches Land gelten, kann sich jederzeit ändern. Als dieser Artikel geschrieben wurde, hatte US-Präsident Donald Trump Zölle, die er wenige Tage zuvor angekündigt hatte, wieder für 90 Tage ausgesetzt und den Zollsatz in dieser Zeit auf zehn Prozent gesenkt. Für China galt das nicht: Stattdessen erhöhte Trump die Zölle auf chinesische Importe von 104 auf 125 Prozent.

Was in den nächsten Monaten, Wochen oder Stunden gilt, weiß nur Trump selbst. Das verunsichert die Branche. Viele Spieleverlage berichten, dass langfristige Planungen derzeit kaum möglich seien. Niemand könne abschätzen, ob die Zölle dauerhaft bleiben, steigen oder zurückgenommen werden.


Welche Spieleverlage aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sind in den USA aktiv?

Fast alle großen Verlage aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sind in den USA aktiv.

  • Haba kaufte bereits 1980 die amerikanische Firma Skaneateles Handicrafters. Sie produzierte Holzspielzeug. Heute heißt das Unternehmen Haba USA und vertreibt Haba-Spiele.
  • Amigo gründete 2018 Amigo Games. Das Unternehmen vertreibt neuerdings auch Piatnik-Spiele in den USA.
  • Schmidt Spiele arbeitet vor Ort mit lokalen Partnern zusammen. Das gilt auch für kleinere Verlage wie Edition Spielwiese, Feuerland Spiele oder 2F-Spiele.

Wie wichtig ist der US-Markt für deutsche Spieleverlage?

​Die USA zählen zu den größten Märkten für Brettspiele weltweit. „Er ist daher für alle Marktteilnehmer von Bedeutung“, sagt Piatnik-Geschäftsführer Dieter Strehl.

  • Ravensburger erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 790 Millionen Euro. Etwa 70 Prozent davon erwirtschaftete das Unternehmen im Ausland. Davon entfielen wiederum knapp 40 Prozent auf Nordamerika.
  • Für Schmidt Spiele ist der US-Markt ein wichtiger Absatzkanal. „Besonders hervorzuheben ist der Bereich der Familienspiele. Viele unserer Produkte finden in den USA eine stabile Nachfrage. Wir arbeiten mit lokalen Partnern zusammen, an die wir unsere Waren ,ex Works‘ liefern. Das bedeutet, dass die Verantwortung für Fracht und Zoll bei unseren US-amerikanischen Partnern liegt. Diese Vertriebsform hat sich für beide Seiten bislang gut bewährt“, sagt Axel Kaldenhoven, Geschäftsführer von Schmidt Spiele.
  • Die USA sind für Kosmos der größte Auslandsmarkt mit seit Jahren wachsendem Geschäft. „Daher ist dieser Markt sehr wichtig für Kosmos und kann nicht einfach durch andere Regionen in der Welt kompensiert werden“, sagt Geschäftsführer Matthias Kienzle.
  • Asmodee erwirtschaftete in den USA im vierten Quartal 2024 einen Umsatz von 91,6 Millionen Euro. Das ist ein Plus von rund 24 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Zu Asmodee gehören das deutsche Studio Lookout und der Zubehörhersteller Gamegenic mit Sitz in Essen. Asmodee vertreibt neben eigenen auch Spiele von Partnern wie Hans im Glück. „Der US-Markt hat immer noch eine große Bedeutung für uns, vor allem für die Marke Carcassonne. Ein Wegfall des Marktes wäre sehr schmerzhaft und würde ernste Konsequenzen erfordern“, sagt Moritz Brunnhofer, Geschäftsführer von Hans im Glück.
  • Feuerland kooperiert in den USA mit Capstone Games. „Von unseren eigenen Spielen werden bei der Betrachtung der weltweiten Zahlen etwa 40 bis 50 Prozent der Spiele in den USA verkauft“, sagt Inga Keutmann.
  • Für Heidelbär Games wird der US-Markt immer wichtiger. „Die Bedeutung ist stetig gewachsen. Aber noch ist Europa für unseren Verlag am bedeutendsten“, sagt Heiko Eller-Bilz, Geschäftsführer von Heidelbär Games.
  • Für Huch haben die USA eine hohe Bedeutung. „Sie liegen aber deutlich unter dem europäischen Markt“, sagt Herman Hutter, Geschäftsführer von Huch.

Welche Auswirkungen haben Zölle auf deutsche Spielverlage?

Ob und wie stark deutsche Verlage von Zöllen betroffen sind, hängt von mehreren Faktoren ab. Wie wichtig ist der US-Markt? Wo werden Spiele für Amerika produziert? Und wie werden sie vor Ort vertrieben?

  • Schmidt Spiele ist laut Geschäftsführer Axel Kaldenhoven aktuell noch nicht direkt betroffen. „Trotzdem sehen wir die Entwicklungen mit Sorge. Sollte es zu einer Erhöhung der Einfuhrzölle kommen, erwarten wir, dass sich dies stark auf die Endpreise unserer Spiele im US-Markt auswirken wird. In der Konsequenz könnte das zu einem spürbaren Rückgang der Verkaufszahlen führen, da höhere Preise für viele Konsumenten eine Kaufhürde darstellen.“
  • Hans im Glück ist laut eigener Aussage teilweise von den Zöllen betroffen: „Wir haben schon vor Jahren eine Produktion unseres wichtigsten Artikels, des Carcassonne-Grundspiels, in die USA verlegt. So müssen wir weniger Container über die Meere schicken. Das war schon immer teurer. Zwar werden Meeple noch aus Deutschland geschickt, aber das ist ein kleineres Volumen, sowohl physisch als auch finanziell. Sie sind somit weniger von den Zöllen betroffen.  So gut wie alles andere (99 Prozent) kommt aus der EU (Deutschland, Niederlande, Polen) und ist somit geringeren Zöllen als Ware aus China unterstellt. Es geht also“, sagt Moritz Brunnhofer.
  • Die Kosmos-Spiele für den US-Markt kommt zu etwa 50 Prozent aus Asien und zu 50 Prozent aus Europa.
  • Heidelbär Games produziert laut Geschäftsführer Heiko Eller-Bilz ausschließlich in Europa und nicht in China. „Wir sind also nicht voll betroffen. Der Haupteffekt ist die aktuell fehlende Planbarkeit. Extrakosten durch Zölle würden die Preise erhöhen und Umsätze einbrechen lassen. Bitter.“
  • Feuerland Spiele profitiert davon, dass es nicht nur Geld mit eigenen Spielen verdient. „Hätten wir ausschließlich eigene Spiele, wäre die Hälfte unseres Geschäfts betroffen. Hätten wir nur Lokalisierungen, wären wir nicht betroffen. Durch die Mischung aus eigenen Spielen und Lokalisierungen sind wir betroffen, aber nur in einem gewissen Maße“, sagt Inga Keutmann.

Generell gilt: Die Branche sieht Zölle kritisch. In einer gemeinsamen Erklärung plädieren der US-Spielwarenverband Toys Association und 18 weitere Verbände aus Amerika, Asien und Europa als Reaktion auf Trumps Politik dafür, Spielzeug von Zöllen auszunehmen. Auch der Deutsche Verband der Spielwarenindustrie (DVSI) hat die Erklärung unterzeichnet.

Der Branchenverband Spieleverlage ist eine Fachgruppe innerhalb des DVSI. Laut Spieleverlage habe die aktuelle Entwicklung zwei Folgen: „Zum einen direkte, wenn Zölle erhoben werden. Sekundäre Auswirkungen auf die globale Wirtschaft führen zu einer Verschlechterung der Wirtschaftssituation. Zum anderen kommt es zu Effekten auf Verbraucher, deren Konsumlust gerade ohnehin niedrig ist“, sagt Herman Hutter, Vorsitzender Spieleverlage.


Welche Auswirkungen haben die Zölle auf den deutschen Brettspielmarkt?

US-Zölle beeinflussen auch den deutschen Brettspielmarkt. Wenn US-Verlage ihr Geschäft neu priorisieren, werden weniger Spiele für den deutschen Markt lokalisiert. Sinkende Auflagen verteuern die Produktion, da Skaleneffekte wegfallen. Das könnte zu höheren Preisen im Handel führen.

„Das Ziel eines Verlages ist es heutzutage, möglichst früh Partnerverlage im Ausland in die Produktion einzubeziehen. Speziell bei sprachneutralen Komponenten ist hier eine Kostensenkung durch bedeutend höhere Auflagen möglich – zum Vorteil für den originalen Verlag, wie auch für die Partnerverlage, die auf diese Weise attraktive Einkaufspreise für ihre eigenen, lokalen Märkte angeboten bekommen können.“

Jürgen Karla und Christian Hildenbrand, Handbuch Brettspiele

Zudem könnten geplante Kooperationen oder Lizenzen gestrichen werden, wenn sich der internationale Vertrieb nicht mehr rechnet. Auch kleinere deutsche Verlage, die auf Vertriebspartnerschaften mit US-Firmen setzen, könnten Umsatzeinbußen spüren. Schließlich kann die Verunsicherung durch Zölle Investitionen und Innovationen in der gesamten Branche bremsen.


Welche Auswirkungen haben Zölle auf den amerikanischen Brettspielmarkt?

Amerikanische Verlage sind von den Zöllen stärker betroffen als deutsche Unternehmen.

„Jeder Verlag – ob groß oder klein, neu oder alt – ohne Bargeldreserven steckt in großen Schwierigkeiten, vor allem, wenn die Spiele derzeit in China produziert werden.“

Jamey Stegmaier, President Stonemaier Games, The Darkest Timeline.

Price Johnson, CEO von Cephalofair Games, formuliert es noch drastischer: „Unsere Industrie, unsere Arbeitsplätze und unsere Projekte werden durch die unbeständige und selbstverschuldete Handelspolitik der USA angegriffen. […] Die Auswirkungen, die die [zum Zeitpunkt der Aussage noch geltenden, Anmerkung der Redaktion] 104-prozentigen Zölle auf unsere Branche und unser Unternehmen haben werden, sind geradezu verheerend.“

„Die Preise werden angehoben werden müssen, wodurch die Gaming-Community ohne eigenes Verschulden bestraft wird. Die Verkäufe werden sich verlangsamen, was den Geschäften und dem Vertrieb schadet. Große Verlage werden gezwungen sein, Mitarbeiter zu entlassen und ihre Jahrespläne zu kürzen. Kleine Verlage, von denen ein Großteil unserer Innovationen stammt, werden sich zurückziehen oder das Geschäft aufgeben.“

Loren Coleman, CEO Catalyst Game Labs, Forbes

Besonders hart trifft es Verlage, die erfolgreiche Crowdfunding-Kampagnen durchgeführt haben, die noch ausgeliefert werden müssen. Sie haben die Zölle nicht einkalkuliert und müssen prüfen, wie sie auf die Situation reagieren.

Während Verlage zumindest teilweise reagieren können (siehe die Antwort auf die nächste Frage), trifft es den stationären Einzelhandel besonders hart. Nate Petersen, Inhaber von Backstage Hobbies and Games in Michigan, sieht laut Boardgamewire zahlreiche Geschäfte gefährdet, insbesondere jene, die erst während der Corona-Pandemie entstanden sind und ohnehin bereits unter finanziellen Druck stehen. Einzelhändler haben weniger Spielraum, ihre Preispolitik flexibel anzupassen, und könnten daher durch zurückgehende Verkaufszahlen existenziell bedroht sein.

Die Folgen für den Arbeitsmarkt in der Branche könnten entsprechend dramatisch ausfallen. Die Game Manufacturers Association (GAMA), der Handelsverband der Spieleindustrie in den USA, warnt vor drohenden Arbeitsplatzverlusten und fordert politische Unterstützung, um die negativen Folgen abzumildern.


Wie können Verlage allgemein auf die Zölle reagieren?

Für Verlage bedeutet die Zollpolitik ein wirtschaftliches Desaster. Projekte müssen verschoben, gestrichen oder drastisch reduziert werden. Crowdfunding-Kampagnen, deren Kalkulationen längst abgeschlossen sind, drohen zu Verlustgeschäften zu werden. Einige Verlage müssen nachfinanzieren oder unterstützende Spendenaktionen starten, um geplante Auslieferungen stemmen zu können.

Verlage haben verschiedene Möglichkeiten, um auf die Zölle zu reagieren:

  • Niedrigere Gewinnmarge. Um bestehende Preise zu halten, könnten Verlage auf einen Teil ihres Gewinns verzichten. Das kann ihre Wirtschaftlichkeit gefährden.
  • Höhere Endverbraucherpreise: Die Mehrkosten könnten an die Kundschaft weitergegeben werden. Spiele, die bislang für 25 US-Dollar angeboten wurden, könnten laut Meredith Placko von Steve Jackson Games auf bis zu 40 US-Dollar steigen. Und diese Rechnung basierte auf Strafzöllen von 54 Prozent – und nicht wie aktuell geltend 125 Prozent. Die höheren Preise könnten die Nachfrage dämpfen.
  • Verlagerung der Produktion: Um Zölle zu umgehen, könnten Verlage über neue Produktionsstandorte außerhalb Chinas nachdenken, zum Beispiel in den USA oder in anderen asiatischen Ländern. Das benötigt aber Zeit und ist nicht so einfach wie es klingt (siehe die Antwort auf die Frage „Weshalb ist es kompliziert, die Spieleproduktion in die USA zu verlegen?“).
  • Reduzierte Ausstattung oder Qualität: Um Kosten zu senken, könnten Materialien eingespart oder günstigere Komponenten verwendet werden.
  • Kleinere Auflagen: Verlage könnten vorsichtiger produzieren, was jedoch die Stückkosten erhöht und die Verfügbarkeit einschränken kann.
  • Direktvertrieb und Crowdfunding: Um den Zwischenhandel auszuschalten und höhere Margen zu erzielen, könnten Verlage stärker auf Direktvertrieb oder Crowdfunding-Plattformen setzen. Die Plattform Gamefound, in die auch Ravensburger investiert hat, arbeitet bereits an neuen Funktionen. Sie sollen Verlagen den Umgang mit regional unterschiedlichen Preisen erleichtern. Marcin Świerkot, CEO von Gamefound, betont jedoch, dass diese Anpassungen nur begrenzt helfen könnten. Laut ihm müsse die gesamte Branche flexibler und dynamischer agieren, um die aktuelle Krise zu bewältigen. Eine weitere Herausforderung ist die geringere Sichtbarkeit von Spielen, wenn sie nur im Direktvertrieb erhältlich sind.
  • Verzicht auf US-Veranstaltungen: Verlage könnten auf US-Conventions wie der Gen Con, PAX Unplugged, BGG.CON verzichten oder ihre Standgröße dort reduzieren. Für viele steht der finanzielle Aufwand in keinem Verhältnis mehr zum potenziellen Gewinn.

Wie reagieren deutsche Verlage auf die Zölle?

Viele deutsche Verlage warten ab, da die Situation sich gefühlt jederzeit wieder ändern kann. „Wir können zum Glück in Ruhe mit unseren US-Partnerverlagen Konsequenzen und Folgen diskutieren“, sagt Henning Kröpke von 2F Spiele. Das ist auch bei Huch der Fall: „Wie wir auf die Zölle reagieren werden, ist aktuell unklar, da sicherlich noch Verhandlungen der Länder kommen werden. Wir suchen gemeinsam mit unseren Kunden Lösungen“, sagt Hermann Hutter.

  • Ravensburger will nicht öffentlich kommunizieren, ob und wie das Unternehmen auf die US-Zölle reagieren wird und welche internen Maßnahmen eventuell damit verbunden sind.
  • Die Reaktion von Schmidt Spiele auf mögliche Zollerhöhungen wird davon abhängen, in welchem Umfang die Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden. „Sollte sich abzeichnen, dass die Margen durch höhere Importkosten unter Druck geraten, werden wir verschiedene Optionen prüfen müssen. In jedem Fall gilt: Wir werden flexibel und lösungsorientiert auf die Entwicklungen reagieren und beobachten die aktuelle Situation sehr genau“, sagt Axel Kaldenhoven.
  • Pegasus Spiele möchte keine Fragen zu dem Thema beantworten.
  • Kosmos könne aktuell laut Geschäftsführer Matthias Kienzle nur mit der Anpassung von Konsumentenpreisen antworten. „Das wird zu rückläufigen Absätzen führen. Parallel prüfen wir alle zur Verfügung stehenden Optionen, um nicht mit zu hohen Zöllen konfrontiert zu werden.“
  • Moritz Brunhoffer von Hans im Glück sagt: „Es ist eine Option, weitere Produktionen in die USA zu verlegen oder zumindest einen Großteil davon. Holz wird nach wie vor schwierig. Allerdings muss die Stückzahl, die in Europa verbleibt, groß genug sein, sonst zahlen wir hier mehr und in den USA. Das würde bedeuten, dass für alle der Preis höher wird. Bei Brettspielen handelt es sich im Vergleich zu generischen Artikeln wie Spielzeug oder Baumaterialien um Markenware, die oft gezielt gekauft wird. Daher können Preiserhöhungen bis zu einem gewissen Punkt machbar sein – allerdings nicht unendlich. Es ist nicht auszuschließen, dass unser Vertrieb vor Ort eine geringere Gewinnmarge akzeptieren muss. Irgendwann vielleicht auch wir. Aber ich sehe nicht ein, wieso wir Kompromisse eingehen sollten wenn sich jemand entschließt, sich selber einzusperren. Ja, wir werden darunter wirtschaftlich leiden. Aber wir sind nicht gezwungen, alles mitzugehen. Warten bis Klarheit herrscht, ergibt keinen Sinn. Erstens wird es keine Klarheit geben solange das aktuelle Regime herrscht. Zweitens ist unser Markt vom Bedarf abhängig. Wenn Bedarf besteht, ist es sinnvoll zu liefern, auch wenn die Marge – wo auch immer – kleiner wird oder der Endkundenpreis höher.“ 
  • „Die Preise in den USA gestaltet unser Partner vor Ort und dieser wird gezwungen sein, solche Erhöhungen weiterzugeben“ sagt Heiko Eller-Bilz von Heidelbär Games.
  • „Wir diskutieren noch, aber am wahrscheinlichsten ist eine Mischung aus geringeren Produktionsmengen für die USA, geringeren Gewinnmargen für uns und Preiserhöhungen für den Endkunden“, sagt Inga Keutmann von Feuerland Spiele.

Warum werden so viele Spiele in China produziert?

In China haben sich eine Reihe von Unternehmen auf die Produktion von Gesellschaftsspielen spezialisiert Insbesondere die meisten physischen Komponenten werden dort hergestellt. Ob Spielbretter, Karten, Plastikfiguren, bedruckte Token oder aufwändig gefertigte Schachteln: Die dafür notwendigen Produktionskapazitäten gibt es in dieser Form, Quantität und Qualität derzeit fast ausschließlich in Asien. Hinzu kommt, dass Brettspiele oft hochgradig individualisierte Produkte mit kleinen Auflagen sind – anders als etwa Kleidung oder Elektronik. Das bedeutet: Gewinnmargen sind gering, die Flexibilität niedrig, die Abhängigkeit vom Produktionspreis dagegen enorm.

„Tatsache ist, dass China in unserer Branche seit Jahrzehnten den Goldstandard für Qualität setzt und bei innovativen neuen Verfahren, Materialien und Fähigkeiten weiterhin führend ist.“

Price Johnson, CEO Cephalofair Games, Tariffs & Tabletop: A Message from Cephalofair Games

Weiters schreibt Johnson: „Ich habe unsere Anlagen persönlich besucht. Ich treffe mich mehrmals im Jahr mit unseren Teams. Wir können uns bei einem neuen Projekt mit weit über zwei Dutzend renommierten und spezialisierten Brettspielherstellern auf internationaler Ebene messen. Wir haben hier in den Vereinigten Staaten nichts, was auch nur annähernd so verfügbar, konkurrenzfähig oder erfahren wäre, um unsere Produkte zu unterstützen, geschweige denn die unserer gesamten Branche.“


Weshalb ist es kompliziert, die Spieleproduktion in die USA zu verlagern?

Es gibt vereinzelte Hersteller in Nordamerika, die Kartenspiele oder einfache Komponenten fertigen können. Doch die Infrastruktur für komplexe Spiele mit Spezialteilen ist in den USA kaum vorhanden. Selbst wenn amerikanische Hersteller Verlage bedienen könnten, wären die Produktionskapazitäten begrenzt und das Preis-Leistungs-Verhältnis kaum konkurrenzfähig.

„Wir haben schon vor Jahren immer wieder eine Produktion in den USA für die USA geprüft. Leider besteht vor Ort nicht die nötige Kapazität oder überhaupt die Möglichkeit, unsere Kartenspiele zu produzieren. Man müsste in sehr engen Parametern arbeiten und das mit weniger Qualität und signifikant höherem Preis. Das liegt unter anderem daran, dass in den USA keine echte Papierindustrie vorhanden ist. Wir werden beobachten und abwarten. Alles andere wäre zu riskant.“

Heiko Eller-Bilz, Geschäftsführer Heidelbär Games

Das sieht auch Meredith Placko, CEO vom amerikanischen Spielverlag Steve Jackson Games so. Er schrieb in einem Blogbeitrag: „Die Infrastruktur für eine umfassende Brettspielproduktion – spezielle Würfelherstellung, Stanzen, kundenspezifische Kunststoff- und Holzteile – ist hier [in den USA, Anmerkung der Redaktion] noch nicht vorhanden. Ich habe Kostenvoranschläge eingeholt. Ich habe mit Fabriken gesprochen. Selbst wenn die Bereitschaft vorhanden ist, sind die Ausrüstung, die Arbeitskräfte und die Zeitvorgaben einfach nicht vorhanden.“

Michael Mihealsick von Game Trayz Lab schreibt in einem Update zur Kickstarter-Kampagne von Forsaken: „Heute gibt es definitiv Fabriken in den USA, die Angebote annehmen und Spiele produzieren. Meiner persönlichen Erfahrung nach sind diese Angebote in der Regel vier- bis zehnmal höher als die Angebote von Produktionspartnern in China. Das letzte Angebot, das ich von einer US-Fabrik erhalten habe, lag bei 6,81 Dollar pro Stück für ein Spiel, das in Übersee 0,98 Dollar gekostet hätte.“

Die hohen Kosten schrecken auch deutsche Verlage ab. „Eine lokale Produktion in den USA wurde vielfach versucht, war aber aufgrund des Preis-Leistungs-Verhältnisses und teilweise fehlender Infrastruktur nicht möglich“, sagt Matthias Kienzle von Kosmos.

Jamey Stegmaier weist in seinem Blog auf ein weiteres Problem hin: „Selbst wenn ein Unternehmen in die Infrastruktur investieren wollte, um es zu versuchen [den Aufbau von Produktionskapazitäten in den USA] , würden die kurzfristigen Verluste durch Zölle die Finanzen zu sehr belasten, als dass es das tun könnte. Außerdem werden viele der Maschinen, die zur Herstellung von Spielen verwendet werden, in China hergestellt. Man müsste also hohe Zölle zahlen, wenn man in Maschinen investieren würde, die für die Produktion von Spielen in den USA benötigt werden.“

Aktualisierung am 15. April 2025: Informationen von Kosmos wurden im Text ergänzt. Auch der Podcast „Behind Board Games“ beschäftigt sich in Folge 22 mit den Auswirkungen der Zölle. Zu Gast sind Laia Gonzalez von Wonderbow Games und Matthias Nagy von Deep Print Games.

2 Kommentare

    1. Das ist richtig. Das Zitat stammt jedoch aus dem Kapitel „Preiskalkulation für Brettspiele“. Autoren des Kapitels sind Jürgen Karla und Christian Hildenbrand. Daher werden sie an dieser Stelle als Quelle genannt.

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