Neon Hope: Blick hinter Kulissen einer Crowdfunding-Kampagne

Ob das Kartenspiel Neon Hope erscheint, hängt vom Erfolg einer Crowdfunding-Kampagne ab. Die Macher haben zahlreiche Szenarien kalkuliert. Eins lässt sich jedoch nur schwer berechnen: Donald Trump.


Das Spiel 
Neon Hope ist ein kooperatives Kartenspiel für bis zu vier Personen. Es erzählt eine Geschichte mit Cyberpunk-Thema. Wir versuchen gemeinsam, eine Katastrophe abzuwenden und eine Dystopie zu verhindern. In fünf Episoden beeinflussen wir die Geschichte und steuern auf eines der möglichen Enden zu. Die Spielzeit pro Episode beträgt laut Verlag 90 bis 120 Minuten. Neben dem Kartenspiel soll es auch ein Pen-&-Paper-Rollenspiel geben. Parallel zur Crowdfunding-Kampagne für Neon Hope startet der Verlag Village on Stilts dazu ebenfalls eine Kampagne auf Kickstarter.

Viele Verlage nutzen Crowdfunding als Marketing-Instrument – und nicht zur tatsächlichen Finanzierung von Spielen. Bei Neon Hope ist das anders: Ohne die Unterstützung der Community wird es das Spiel nicht geben. Etablierte Verlage fanden das Kartenspiel interessant, scheuten aber das unternehmerische Risiko.

„Verlage scheuen Risiko“

Die Köpfe hinter dem Spiel sind Dominik Schönleben, Francesco Grothe und Torben Ratzlaff. Seit vier Jahren arbeiten sie an Neon Hope. Auf der Spiel 2023 in Essen haben sie es etwa zehn Verlagen vorgestellt. „Die Rückmeldungen waren positiv. Viele fanden das Konzept spannend. Aber es wurde schnell klar, dass ein so umfangreiches und ambitioniertes Spiel über einen Verlag nur schwer zu realisieren ist”, sagt Schönleben. Das Risikomanagement sei den meisten Verlagen zu hoch gewesen. „Wir hörten oft: Es gibt nur wenige vergleichbare Spiele.“ Das erschwere die Verkaufsprognosen. Das Risiko, Geld zu verlieren, sei zu groß. Verlage bevorzugten oft erprobte Konzepte mit kalkulierbaren Zielgruppen.

Schönleben, Grothe und Ratzlaff beschlossen, das Spiel selbst zu veröffentlichen. Sie gründeten die Hopeful Games UG. Die Unternehmensform ist attraktiv, weil sie mit einem Euro Startkapital gegründet werden kann – im Gegensatz zu einer GmbH, die mindestens 25.000 Euro erfordert. „Da wir nicht genug Kapital haben, um die erste Auflage von Neon Hope zu finanzieren, haben wir uns fürs Crowdfunding entschieden. Das verringert unser finanzielles Risiko. Wir wissen schon vor der Produktion, wie hoch die Nachfrage ungefähr sein wird“, sagt Schönleben.

„Großer Teil der Einnahmen fließt in Illustrationen“

Die Kampagne startete auf Kickstart am 8. April 2025. Sie läuft 30 Tage. Benötigt werden 30.000 Euro. „Der größte Teil des Geldes fließt in die Illustrationen“, sagt Schönleben. Zum Start sind mehr als 400 illustrierte Karten geplant. „Wir lehnen die Nutzung von KI-Bildern in veröffentlichten Brettspielen ab. Neon Hope ist ein Spiel über den Widerstand gegen gierige und skrupellose Konzerne, die Arbeiter und Kreative ausbeuten. Wer KI-Bilder nutzt, macht sich – bewusst oder unbewusst – gemein mit dieser Dystopie.“

Weitere Einnahmen decken Produktionskosten und bereits getätigte Ausgaben – zum Beispiel für die Herstellung von Prototypen, die Firmengründung, Flyer oder einen Stand auf der Spiel 2024. „Selbst, wenn wir unser Mindestziel erreichen, decken wir damit nicht alle bereits getätigten Ausgaben“, sagt Schönleben.

Zölle erschweren Kalkulation

Die Kalkulation der Crowdfunding-Kampagne war komplex. Um viele Varianten abzudecken, arbeitet das Team nicht mit einer, sondern mit mehreren Kalkulationen. „Im besten Fall müssen wir keine Kompromisse eingehen. Im schlimmsten Fall müssen wir die Zahl der Illustrationen reduzieren“, sagt Schönleben. Die Arbeitszeit der drei Gründer ist in keinem Szenario berücksichtigt. Schönleben, Grothe und Ratzlaff wollen sie sich auch im Erfolgsfall nicht bezahlen lassen. „Wir denken langfristig. Sollten wir mehr Geld einnehmen, als wir brauchen, würden wir es in den Verlag und in die nächsten Spiele investieren“, sagt Schönleben.

Die größte Überraschung bei der Kalkulation waren und sind für das Team die Einfuhrzölle in die USA. Donald Trump bleibt unberechenbar. „Die angekündigte Situation macht es nahezu unmöglich langfristig zu planen“, sagt Schönleben. “Der einzige Vorteil für uns ist, dass wir die meisten Sachen in Europa produzieren, wo derzeit die Zölle noch niedrig sind.” Ob das aber bis zur Produktion von Neon Hope so bleiben wird, sei in der aktuellen politischen Lage fragwürdig. 

Eine weitere Überraschung: Je größer die Auflage, desto geringer ist der Kostenunterschied zwischen Deutschland und China. „Die Produktion in Deutschland ist teurer als in China, dafür sind die Transportkosten deutlich geringer“, erklärt Schönleben. „Von den niedrigeren Transportkosten würden wir profitieren, da wir annehmen, dass wir viele Exemplare in Europa verkaufen, vor allem in Deutschland.”

„Hohe Fixkosten sind größte Hürde“

Die reguläre Version von Neon Hope besteht hauptsächlich aus Karten, Pappmarkern und einigen wenigen Kunststoffteilen. Sie ist während der Crowdfunding-Kampagne für 69 Euro erhältlich. In der Deluxe-Version für 169 Euro kommen eine Erweiterung, Acrylfiguren, Spielmatten und Pokerchips hinzu. „Die höheren Produktionskosten der Deluxe-Version sind für uns nicht so entscheidend“, sagt Schönleben. „Die hohen Fixkosten, zum Beispiel für die Illustrationen, sind die größte Hürde. Die verschiedenen Versionen tragen mehr oder weniger dazu bei, um diese zu decken.“

Neon Hope muss aus produktionstechnischen Gründen in einer Mindestauflage von 500 Stück hergestellt werden. Je höher die Auflage, desto niedriger die Produktionskosten pro Spiel. Das nennt man Skaleneffekte. Diese kommen bei Neon Hope besonders bis zu einer Auflage von 2.000 Stück zum Tragen. „Bei der kleinen Auflage, die wir produzieren, zählt jedes verkaufte Exemplar“, sagt Schönleben. Auch einzelne Komponenten beeinflussen die Kalkulation stark: „Ursprünglich wollten wir achtseitige Würfel verwenden. Aber es ist relativ umständlich, sie mit Aufdruck zu produzieren.  Deswegen sind wir auf die günstigere Alternativen umgestiegen.“ Nun kommen sechsseitige Würfel zum Einsatz.

Trotz aller Herausforderungen war es für Schönleben, Grothe und Ratzlaff klar, dass unternehmerische Risiko einzugehen,: „Wir glauben an unser Spiel. Positive Zukunftsvisionen waren noch nie so wichtig wie heute. Wir wollen die Menschen mit unserem Spiel dazu inspirieren: Der kollektive Widerstand gegen die drohende Dystopie ist nicht zwecklos. Noch gibt es Hoffnung auf eine bessere Zukunft.”

Tipps für eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne
Du planst auch eine verspielte Crowdfunding-Kampagne? Hier sind drei Tipps von den Machern von Neon Hope für Dich.

Nimm dir Zeit: Das Schlimmste, was du tun kannst, ist, dir eine zu frühe Frist zu setzen. Wenn du das Projekt startest, obwohl du noch nicht hundertprozentig sicher bist, dass du bereit bist, kannst du nur scheitern.

Du brauchst einen guten Pitch: Du musst in ein oder zwei Sätzen erklären, warum dein Spiel etwas Besonderes ist. Solange du das nicht kannst, wirst du keine Menschen finden, die dich unterstützen.

Finde die richtigen Leute: Du kannst eine Crowdfunding-Kampagne nicht alleine managen. Du brauchst ein kleines Team aus Expertinnen und Experten, die andere Fähigkeiten haben als du – und die gemeinsam bereit sind, mit dir das Unmögliche zu wagen.

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