Wann entscheidet beim Kartenspiel das Glück über Sieg und Niederlage? Wann die Taktik? Die Richter des Verwaltungsgerichts Düsseldorf haben Mau Mau analysiert. Ihr Urteil: Beim bekannten Gesellschaftsspiel überwiegen die Zufalls-Elemente. Es handelt sich um ein Glücksspiel – anders als bei Skat.
Hinweis: Der Artikel erschien erstmals 2011 auf zuspieler.de
Warum der Streit? Der Kläger offeriert im Internet Mau Mau gegen Geld. Die deutschen Behörden stoppten das Angebot. Ihre Begründung: Mau Mau sei ein verbotenes Glücksspiel. Der Kläger wehrte sich. Er war der Ansicht, dass die Geschicklichkeit der Spieler über den Sieg entscheide und nicht der Zufall. Jeder könne auf die Situation flexibel reagieren. Die Richter sehen das anders. Wie kommen sie zu dieser Einschätzung? zuspieler.de veröffentlicht Auszüge aus dem Urteil (Aktenzeichen: 27 L 471/10)
Zufall gegen Geschick
Poker ist in der Rechtsprechung überwiegend unter Hinwies auf das vorherrschende Zufallsmoment der Kartenverteilung und die eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten zum Kartenblatt der Mitspieler als Glücksspiel eingestuft worden.
Beim Skat hat der Bundesfinanzhof in zwei älteren Entscheidungen aufgrund der Umstände des Einzelfalles ein Geschicklichkeitsspiel angenommen und dabei auf die Dauer des Spiels abgestellt. Er hat angenommen, dass beim Skat „über eine gewisse Dauer der gewinnt, der über die besseren Fertigkeiten verfügt.“ Das Risiko der schlechten Karten werde desto mehr ausgeglichen, je länger gespielt werde. Ein Vorherrschen des Zufalls könne man nur bei geringer Spieldauer annehmen. Teilweise wird ein Überwiegen des Geschicklichkeitsmoments beim Skat erst ab einer Zahl von 20 bis 30 Spielrunden angenommen. Demgegenüber steht nach Einschätzung des Landgerichts Köln beim Skat wie beim Doppelkopf das Zufallsmoment des „guten Blattes“ im Vordergrund.
Zwar weist das Mau Mau-Spiel durchaus Geschicklichkeitsmomente auf. So ist es eine Frage des taktischen Geschicks, so abzulegen, dass der Spieler möglichst lange von jeder Farbe eine Karte hat. Was bei anfangs sieben Karten auf der Hand und vier Spielfarben verhältnismäßig wenig Variationsmöglichkeiten lässt. Auch ist es taktisch von Vorteil, zunächst hochwertige Karten abzuwerfen. Dabei muss der Spieler abwägen, ob er trotz der Gefahr hoher Punktverluste bei frühem Spielende Sonderkarten zurückhält, um damit auf den Spielverlauf flexibel reagieren zu können. Dem stehen erhebliche Zufallsmomente gegenüber. Diese liegen bei Mau Mau in der Verteilung der Karten auf die Spieler, der Reihenfolge der Karten im Stapel und der Bestimmung der ersten offenen Karte, die bedient werden muss. Darüber hinaus ist die Reihenfolge des Ablegens der Karten durch die Mitspieler vom einzelnen Spieler im Wesentlichen nicht zu beeinflussen und vom Zufall abhängig.
Trumpffarben gegen Sonderkarten
Zwar trifft es zu, dass beim Mau Mau im Vergleich zum Skat nicht nur die Farbe, sondern auch die Zahl bedient werden kann. Was eine größere Auswahl bei der Bestimmung der abzulegenden Karte und damit mehr Raum für taktische Überlegungen eröffnet. Dafür besteht beim Skat die Möglichkeit, mit Bube oder Trumpffarbe zu stechen, wenn die angespielte Farbe nicht bedient werden kann. Während beim Mau Mau lediglich ein Bube auf eine „fremde“ Farbe oder Zahl gelegt werden kann. Dadurch wird das Mehr an Entscheidungsfreiheit beim Mau Mau relativiert. Welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass es beim Skat eine Trumpffarbe gibt, während das Mau Mau-Spiel nur drei Sonderkarten kennt, ist nicht ersichtlich.
Nicht nachvollziehbar ist die weitere Einschätzung, dass die Sonderkarten, etwa das Ausspielen einer Sieben, beim Mau Mau nicht notwendigerweise zu einem Vorteil führten. Wenn ausgeführt wird, dass der in der Reihe folgende Mitspieler, wenn er selbst keine Sieben besitzt, vier Karten ziehen muss, so trifft dies nicht zu, da eine solche Verpflichtung nur besteht, wenn zwei aufeinanderfolgende Spieler zuvor eine Sieben abgelegt haben. Ziels des Spiels ist es, möglichst als Erster alle Karten abgelegt zu haben, beziehungsweise möglichst wenige Punkte noch auf der Hand zu haben, wenn ein Mitspieler alle Karten abgelegt hat. Deshalb ist es fernliegend, darin einen Vorteil zu sehen, dass der Spieler, wenn er „Strafkarten“ ziehen musste, im Vergleich zu den Mitspielern über mehr Möglichkeiten verfügt, die oberste Karte zu bedienen. Mit der Erhöhung der Zahl der Karten auf der Hand und der mit ihnen verbundenen Punktwerte wird der Spieler zurückgeworfen und vom Ziel des Spiels entfernt.
Beim Mau Mau muss bedient und nicht wie beim Skat Stiche gemacht werden, die möglichst wertvoll sein sollten. Dies deutet den maßgeblichen Umstand an, der für ein Überwiegen der Zufallsmomente beim Mau Mau spricht. Das Spiel räumt zwar mehr Raum für die Auswahl der abzulegenden Karte ein, bietet aber – gerade im Vergleich zum Skat – kaum Möglichkeiten, den Spielablauf durch eigene Geschicklichkeit zu beeinflussen. Es handelt sich um ein einfaches Ablegespiel mit drei Sonderkarten, bei dem Farbe und Zahl bedient werden können. Geschick kann der Spieler ausschließlich bei der Entscheidung einsetzen, welche Karte er ausspielt. Und dabei auch nur, als er damit dem Gegner schaden kann oder sich selbst für den weiteren Spielablauf eine möglichst große Flexibilität erhält. Ansonsten ist der Spielverlauf einzig und allein vom Zufall abhängig: welche Karten der Spieler am Anfang erhält, welche er im Stapel zieht und welche ausgespielt werden.