Foto: Ausbildung/LGB geobasis-bb.de

Ausgezeichnete Maßarbeit: Der Beelitzer Postkutscher

Fünf angehende Geomatikerinnen und Geomatiker haben ein Spiel mit maßstabsgetreuem Spielbrett entwickelt. Es heißt „Der Beelitzer Postkutscher“ und lässt Pferdestärken, Briefkutschen und Meilensteine aus dem 18. und 19. Jahrhundert aufleben. Für ihr Engagement haben die Fünf eine besondere Auszeichnung erhalten.


Ravenstein-Förderpreis
Der Ravenstein-Förderpreis ist ein Preis zur Förderung des kartographischen Nachwuchses in der Bundesrepublik Deutschland. Namensgeberin ist die Stifterin Helga Ravenstein. Sie wollte mit dem Preis ein hohes Niveau in der beruflichen Ausbildung sichern. Teilnahmeberechtigt sind Auszubildende der Berufe der Geoinformationstechnologie sowie alle Studierenden der Geowissenschaften und deren Nachbardisziplinen. Eine unabhängige Jury bewertet die eingereichten Arbeiten.

Karten sind in Spielen allgegenwärtig. Sie zeigen Wälder, Städte und Nachtgefunkel; Berge, Wiesen und Wolkendunkel. In „Der Kartograph“, das als Kennerspiel des Jahres 2020 nominiert war, skizzieren wir mit Bleistiften sogar unsere eigenen Karten. „Dabei entstehen verspielte kleine Kunstwerke, die auch gut als Grundlage für das nächste Rollenspiel-Abenteuer dienen könnten“, schwärmte die Jury in ihrer Urteilsbegründung. Im echten Leben müssen Kartografen und Geomatiker mehr können als Dörfer, Wälder und Wasser auf ein Blatt zur kritzeln. Was genau, lernen Männer und Frauen während einer Ausbildung in der Geoinformationstechnologie oder im Studium der Geowissenschaften. Jenny Giesecke, Laura Haase, Johanna Kurzweg, Erik Hannibal und Christian Moskwa absolvieren ihre Ausbildung beim Brandenburgischen Landesamt für Landesvermessung und Geobasisinformation (LGB). Gemeinsam haben sie für ihr zentrales Ausbildungsprojekt das Brettspiel „Der Beelitzer Postkutscher“ entwickelt. Für ihre Arbeit erhielten sie den Ravenstein Förderpreis 2020. Mit diesem werden besondere kartographische Nachwuchsarbeiten ausgezeichnet.

Verspielte Karte: Von Pommern nach Sachsen

Foto: Ausbildung/LGB geobasis-bb.de
Foto: Ausbildung/LGB geobasis-bb.de

Herzstück des Spiels ist ein detailreiches und maßstabsgetreue Spielbrett. Es zeigt eine Karte – von Pommern über Mecklenburg bis nach Sachsen. Darauf schlängeln sich diverse Routen zwischen den Städten. Wir starten in Beelitz oder Genthin und fahren zu Postzentralen nach Berlin oder Magdeburg. Dort holen wir Briefe ab und transportieren diese nach Brandenburg-Preußen, Sachsen oder zu den benachbarten Herzogtümern. Setzen wir Schmieröl ein, das auf jedem Stadtfeld gekauft werden kann, rücken wir schneller vor. Unterwegs können wir zusätzlich Kommandanten in Festungen einen Gefallen tun. Kommen wir zum Beispiel in Spandau vorbei und sind in südliche Richtung unterwegs, kann unsere Kutsche noch eine Botschaft für die Festung in Torgau mitnehmen. Dafür und für die Zustellung der eigentlichen Sendung erhalten wir Thaler und Siegpunkte.

Nicht nur bei der Karte haben die Erfinderinnen und Erfinder des Spiels „Der Beelitzer Postkutscher“ auf Genauigkeit geachtet: Die Figuren sind mit dem 3D-Drucker erstellte kleine Meilensteine wie man sie heute noch an Landstraßen findet. Die Thaler und Spielmarken wurden ausgestanzt und lackiert. Wahrzeichen symbolisieren die Städte. Die Briefe erzählen Geschichten aus der jeweiligen Zeit. „Wir mussten aufpassen, dass wir uns nicht zu sehr in den Details verlieren. Insgesamt hat die Herstellung rund ein Jahr gedauert“, sagt Laura Haase.

„Arbeit besticht durch liebevolle Details“

Der Aufwand hat sich gelohnt: „Das Besondere an dieser Einreichung ist die Vielfalt. Die Erarbeitung setzt sich im Grunde aus drei Komponenten zusammen: einer überzeugenden grafischen und kartografischen Gestaltung, dem 3D-Druck von Brettspiel-Zubehör und einer Website zur Begleitung des Brettspiels“, sagte Prof. Dr. Mark Vetter, Vorsitzender der Kartographie-Stiftung Ravenstein.

Der Vorsitzende der Jury Dirk Zellmer ergänzt: „Die Auszubildenden haben in ausgezeichneter Teamarbeit von der Spielidee bis zur Umsetzung alles selbst entwickelt. Die Arbeit besticht durch viele liebevolle Details. Die Gestaltung der Spielfiguren, Spielchips und Ereigniskarten lässt sich von der historischen Epoche leiten und auch eine passende Kartengrundlage für das Brettspiel wurde verwendet. Das schafft ein echtes Erlebnisgefühl und deshalb vergibt die Jury den Förderpreis in diesem Jahr auch ausschließlich an die Brandenburger Auszubildenden und ihren Beelitzer Postkutscher.“ Neben Ruhm und Ehre sowie einer Einladung zur nächsten Preisverleihung hat jede der fünf Personen 300 Euro Preisgeld erhalten.

Stadt unterstützt Recherche

„Die Idee für das Spiel kam bei einer Wanderung durch Brandenburg im vergangenen Jahr. Dort bin ich auf die historischen Meilensteine aufmerksam geworden. Gemeinsam haben wir uns dann mit dem alten Wegemaß der Preußischen Meile auseinandergesetzt und zum historischen Postliniennetz recherchiert“, sagt Erik Hannibal. Dabei sind die Auszubildenden von der Stadt Beelitz unterstützt worden. Justine Remus, in der Verwaltung zuständig für die Museen, hat Kartenmaterial zur Verfügung gestellt und so manchen Einblick in die früheren Jahrhunderte ermöglicht. Sie hat auch fachlich beraten und sagt: „Man braucht nur noch ein bisschen Fantasie – und schon ist man mittendrin in der Postkutschenzeit. Genau so sollte Geschichte erzählt werden, spannend und auch ein wenig spielerisch.“

Spielfiguren, Spielbrett und Würfel. Foto: Ausbildung/LGB geobasis-bb.de
Spielfiguren, Spielbrett und Würfel. Foto: Ausbildung/LGB geobasis-bb.de

„Das Spiel hat eine große Resonanz ausgelöst. Das Interesse an der Spielidee und einer weitergehenden Verbreitung scheint groß. Das war mit Blick auf das originäre Ziel eines kreativen und vielschichtigen Wettbewerbsbeitrags unserer Geomatiker-Azubis beim Ravenstein-Förderpreis nicht abzusehen. In der LGB werden derzeit Überlegungen verfolgt, das Spiel in größerer Zahl als die derzeit vorliegenden Handarbeits-Prototypen vervielfältigen zu lassen und damit einem größeren Interessentenkreis zugänglich zu machen. In welcher Form dies konkret geschehen wird und in welchem Zeitraum, kann derzeit noch nicht konkretisiert werden. Die Stiftung selbst unterstützt den Gedanken der Veröffentlichung und Verbreitung des Spiels“, sagt Stefan Wagenknecht, Sprecher der LGB.

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