Dennis Lohausen. Foto: Sebastian Wenzel

Dennis Lohausen: „Spielegrafiken erinnern an Ölgemälde“

In Deutschland gibt es nur wenige Illustratoren und Grafiker, die Brett- und Kartenspiele verschönern. Einer von ihnen lebt und arbeitet in Köln. Dennis Lohausen versteht sein Handwerk. Er hat „Village“ illustriert, das aktuelle „Kennerspiel des Jahres“.


Hinweis: Dieser Artikel erschien erstmalig 2013 im Kölner Stadtanzeiger
und dann auf zuspieler.de

In Dennis Lohausens Arbeitszimmer ist der Tod allgegenwärtig. Die Möbel sind schwarz lackiert und aus den Regalen starren Tierschädel. Der Tod versteckt sich aber auch dort, wo man ihn nie suchen würde: in einer bunten Schachtel. Darauf ist ein Bild aus dem Mittelalter gedruckt. Im Hintergrund reckt sich ein Kirchturm in den Himmel. Vor dem Gotteshaus pflügt ein Bauer den Acker und Kinder lauschen den Geschichten ihres Großvaters. Das Bild ist das Cover des Brettspiels „Village“ und stammt von Lohausen. Der Kölner illustriert seit etwa acht Jahren Gesellschaftsspiele. „Village“ ist das bekannteste Spiel aus seiner Feder. Es ist das „Kennerspiel des Jahres 2012“ und ein internationaler Verkaufsschlager – trotz des ungewöhnlichen Themas. Die Spieler simulieren das Leben in einem mittelalterlichen Dorf. Sie begleiten Holzfiguren von der Geburt bis zu ihrem Tod. Auf der Spielwarenmesse in Nürnberg präsentiert der Verlag Eggertspiele die erste Erweiterung zu dem Spiel. Sie heißt „Village Inn“.

Versteckte Hommage an die Autoren

„Eine gute Grafik verdeutlicht Regeln und Abläufe“, sagt Lohausen. Deshalb zeichnete er auf den Spielplan von „Village“ bunte Holzklötzchen. Sie symbolisieren Rohstoffe, mit denen die Spieler für Aktionen zahlen. Durch diesen Kniff muss niemand nachschlagen, was welche Aktion kostet. Ein Blick auf den Plan genügt. Details erwecken die Grafik zum Leben. Wer genau hinschaut, entdeckt auf dem Hofplan eine gezeichnete Metapher für den Verlauf der Zeit. Ein Junge lässt einen Drachen steigen, als Mann hält er verliebt die Hand einer Frau und als Rentner stützt er sich auf einen Stock. Auf der Schachtel hat Lohausen eine Hommage an die Autoren von „Village“ versteckt, Inka und Markus Brand. Auf einem Baumstamm ist ein Herz eingeritzt, das ein Pfeil durchbohrt. Darin steht: „I + M“. Die Brands sind etwa so lange in der Spielebranche aktiv wie Lohausen.

Der 35-Jährige machte sich 2004 selbständig, nach seinem Grafikdesignstudium. Anfangs illustriere er vor allem Spiele für Kleinverlage. Inzwischen arbeitet er auch für die Großen der Branche, zum Beispiel für Schmidt Spiele. Die ersten Ideen skizziert Lohausen immer mit einem Kugelschreiber. Er kritzelt blaue Striche auf ein weißes Papier und malt mit wenigen Linien Gesichter, Häuser und Landschaften. Sobald Verlagsredakteure die Entwürfe abgenommen haben, digitalisiert Lohausen die Skizzen mit einem Scanner. Jetzt geht es am Computer weiter. Lohausen arbeitet mit einem Grafik-Tablett, einem elektronischen Zeichenblock. Alles, was Lohausen darauf malt, erscheint direkt auf dem Monitor. Die fertigen Zeichnungen koloriert er anschließend noch. Die Kirche ist in „Village“ mit einem braunen Holzdach bedeckt, die Ratsstube mit roten Ziegeln. Vor dem Handwerksviertel trabt ein Schimmel. Ein Mann in blauen Hosen hält seine Zügel. Apropos Kleidung: „Village“ spielt im Mittelalter. Das sieht man schon an den Gewändern der Menschen. Frauen tragen lange Röcke, Mönche Kutten und Männer Hüte. „Hosenträger wären deplatziert. Sie wurden erst viel später erfunden“, sagt Lohausen. Das hat er im Internet recherchiert. Seine Grafiken sollen möglichst historisch korrekt sein.

Spiele und Skateboard-Helme

Lohausen lebt nicht nur vom Spiele illustrieren. Er gestaltet außerdem Skateboard-Helme und zeichnet hin und wieder Figuren für Kinderbücher. Er schätzt die Abwechslung. „Aber knapp siebzig Prozent meines Umsatzes mache ich mit Brett- und Kartenspielen“, sagt Lohhausen. Der Kölner ist zufrieden damit. Nur eines stört ihn: Er hat so viel Arbeit, dass er kaum noch zum Spielen kommt – und wenn, landen meist Prototypen auf seinem Tisch. So nennen Autoren Spiele, die sich noch im Entwicklungsstadium befinden. Auch für seine anderen Lieblingsbeschäftigungen hat er kaum Zeit. Lohausen würde gerne öfter durch die Natur wandern oder durch Museen flanieren. Die Bilder dort inspirieren ihn. Er kann von den alten Meistern lernen. „Die Grafiken auf Spieleschachteln erinnern oft an Ölgemälde“, sagt Lohausen. Hinzu kommt, dass viele Spiele die Vergangenheit thematisieren, zum Beispiel das Mittelalter oder die Renaissance. „Die historischen Darstellungen in Spielen gleichen oft klassischen Gemälde“, erklärt Lohausen. Besonders mag der Kölner den spanischen Maler Francisco de Goya. „Ich finde es beeindruckend, wie er mit wenigen Strichen Dinge plastisch darstellt.“

Die meiste Zeit verbringt Lohausen jedoch nicht im Museum, sondern in seinem Arbeitszimmer. Der Raum erinnert ihn nicht an den Tod, sondern eher an eine Zauberbude. Schließlich stehen im Regal nicht nur Tierschädel, sondern auch weiße Kerzen, Kunstbücher sowie Holzpilze und -schnecken.

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