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Verspielte Pandemie: Corona in Bleibhausen

Spielend durch die Corona-Pandemie: Sechs Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben gemeinsam mit dem Institute of Science and Technology in Klosterneuburg (IST Austria) ein Brettspiel entwickelt. Es ist kostenlos erhältlich und zeigt, wie sich Viren ausbreiten.


Es ist ein schöner Frühlingstag als im Städtchen Bleibhausen zwei Einwohner aus dem Skiurlaub zurückkehren. Was sie nicht wissen: Sie haben sich im Urlaub mit dem neuen NOSO-Virus (NOch-SO-ein-Virus) angesteckt. Erst nach drei Tagen fühlen sie sich krank und bleiben zuhause. So beginnt die Anleitung für das Spiel „Virusalarm in Bleibhausen“. Darin analysieren Spieler entweder als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern den Verlauf eines Virenausbruches (Spielvariante Simulation). Oder sie dämmen als Politikerinnen und Politikern den Ausbruch ein, ohne das öffentliche Leben lahmzulegen (Spielvariante Challenge). Jeden Tag müssen sie entscheiden, welche Gebäude sie schließen und welche sie offen lassen. Für gesperrte Gebäude gibt es Minuspunkte, für gesunde Einwohner dagegen Siegpunkte. In beiden Varianten arbeiten Spieler mit Tabellen, Datenblättern und Diagrammen. In der Simulation müssen sie außerdem anhand von Fragekarten bestimmte Themen diskutieren.

„Das Spiel ermöglicht, die Ausbreitung eines Virus im Zeitraffer zu verfolgen. Dadurch wird für Kinder besser begreifbar, was gerade passiert und warum wir handeln müssen. Außerdem liefert es Anlass zum Gespräch und zur Diskussion mit Freunden, Lehrern und den eigenen Eltern. So fühlen Kinder sich vielleicht etwas weniger mit der Situation alleingelassen und überfordert“, sagt Hildegard Uecker vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie.

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Corona-Lockdown Jugendlichen verständlich machen

Entstanden ist das Spiel aus einer spontanen Kooperation. Die befreundeten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler überlegten im ersten Corona-Lockdown, wie man die Situation Kindern oder Jugendlichen verständlich machen könnte. Gleichzeitig sollte dabei eine wissenschaftliche Herangehensweise wie die Analyse von Daten vermitteln werden.  Aus ersten Skizzen mit Papierschnipseln entstand am IST Austria die Idee eines Brettspiels, das immer wieder getestet und überarbeitet wurde. Eine Förderung der Robert Bosch Stiftung ermöglichte die Produktion des Spiels.

Die Autorinnen und Autoren haben sich aus unterschiedlichen Gründen an der Entwicklung beteiligt. „In einer Zeit, in der unterschiedlichste ,Fach‘-Meinungen ungefiltert kursieren, halte ich es für entscheidend, der breiten Öffentlichkeit Instrumente an die Hand zu geben, um Daten zu verstehen und kritisch darüber nachzudenken. Das Spiel zeigt, wie wissenschaftliche Simulationen politische Entscheidungen unterstützen können. Vor allem aber wird kritisches und quantitatives Denken über die reale Welt geschult, das so unglaublich wichtig ist, um die täglichen Nachrichten zu verdauen“, sagt Florence Bansept vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie.

Magdalena Steinrück, IST Austria, ergänzt: „Corona hat einmal mehr klargemacht, dass wir es uns als Gesellschaft nicht leisten können, nur die wenigen hochinteressierten Jugendlichen für die Wissenschaft zu begeistern. Wir brauchen eine breite, informierte Öffentlichkeit, die grundlegende wissenschaftliche Zusammenhänge nachvollziehen und Argumente aufgrund dessen bewerten kann. Als die anderen Personen mit der Idee des Spieles an uns herangetreten sind, waren wir begeistert daran mitzuarbeiten.“

Einsatz im Unterricht

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Das Spiel richtet sich an Jugendliche ab zwölf Jahren und soll auch im Unterricht eingesetzt werden können, zum Beispiel in Biologie, Mathematik, Philosophie oder im Bereich soziales Lernen. Laut Steinrück stellten Kinder oft schnell fest, dass einige Aspekte des Spiels unrealistisch seien oder machten direkt Vorschläge, wie man durch weitere Regeln das Spiel realitätsnäher gestalten könnte. Deshalb eigne sich das Spiel dazu, im Unterricht die aktuelle Lage zu diskutieren und Verständnis für bestimmte Maßnahmen zu wecken. Gleichzeitig würden die Grenzen von Simulationen und Modellen sichtbar.

„Virusalarm in Bleibhausen“ ist als Spiel-im-Briefumschlag kostenlos für Privatpersonen und Schulklassen und anderen Gruppen in limitierter Auflage erhältlich. Es kann außerdem unter ist.ac.at/de/ausbildung/ist-fuer-kinder/virusalarm/ heruntergeladen werden.

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