Alex Randolph. Foto: Drei Hasen in der Abendsonne

Alex Randolph: „Glück muss man suchen“

Er war der Guru der Spiele-Industrie: Alex Randolph, Erfinder von vielen preisgekrönten Spielen. Acht Jahre nach seinem Tod wird in Frankfurt jetzt ein Buch über sein Leben vorgestellt. Sebastian Wenzel hat es gelesen und im Anschluss ein privates – wenn auch fiktives – Gespräch mit dem Meister geführt.


Hinweis: Dieser Artikel erschien erstmals 2012 auf zuspieler.de.

Alex Randolph ist der Erfinder des Spieleerfinders. Seine Brett- und Kartenspiele waren so erfolgreich, dass er die Verlage überzeugte, seinen Namen auf die Schachtel zu drucken. Früher war das ungewöhnlich, heute ist es eine Selbstverständlichkeit. 2004 starb der Guru der Branche. Doch er bleibt unvergessen. Auf der Frankfurter Buchmesse präsentiert der Verlag „Drei Hasen in der Abendsonne“ jetzt ein Buch über sein Leben. Eine Lektüre, die so spannend und abwechslungsreich ist, wie es Randlophs Spiele waren. Doch wie stand der Meister zu den großen Themen? Zum Glück? Zum Spiel? Und zum Wesen des modernen Menschen? Wir haben nachgefragt. In einem fiktiven Interview. Und auch wenn das Gespräch so leider nie stattgefunden hat: Die Antworten sind authentisch. Sie stammen von Randolph selbst, aus seinem Buch.

Herr Randolph, das Buch über Sie heißt „Die Sonnenseite – Fragmente aus dem Leben eines Spieleerfinders“. Wie unzufrieden sind Sie mit der Unterzeile?
Spieleerfinder, das ist der Titel, den ich mir gegeben habe. Eigentlich ist er ein bisschen lächerlich, etwas geschwollen, aber er gefällt mir. Die Leute lächeln, wenn sie ihn hören. Im Leben muss man ein Etikett haben, sonst ist man niemand.

Von Ihnen stammen Klassiker wie „Sagaland“, „Tempo, kleine Schnecke“ oder das Kartenspiel „Hol’s der Geier“. Wie erfindet man solch geniale Spiele?
Es gibt natürlich keine Methode oder keinen Leitfaden. Aber dafür etwas anderes: einen Geisteszustand. Man muss nur wach leben. Denn, was immer man tut, das Leben ist interessanter und vergnüglicher, wenn alle Scheinwerfer angeschaltet sind. Leider sind viele Leute halb ausgelöscht. Und es ist schade, denn unter solchen Bedingungen, kann man nicht erfinden.

War das früher anders?
Der Höhlenmensch war achtsam, wach. Seine Sinne: aktiv – und nicht passiv wie die unseren. Sein Hörsinn, sein Geruchssinn … ich stelle mir vor, dass er die ganze Zeit die Witterung aufnahm, und hauptsächlich denke ich an seinen Blick, der durch alles ging, jedes kleine Detail bemerkte, jede kleine Bewegung. Nichts entging ihm. Heute gibt es nur noch wenige Spezialisten, die in dieser Art beobachten, die Detektive zum Beispiel … oder die Diebe.

Wie viel Arbeit ist es, eine Idee in ein fertiges Spiel zu verwandeln?
Ich habe ehrlich das Gefühl, dass ich niemals arbeite, weil das Wort Arbeit für mich nicht zu dem passt, was ich mache. Ich kann es nicht ertragen, wenn man davon redet, dass Arbeit etwas Gutes ist. Arbeit ist etwas Schlechtes. Arbeit stumpft ab. Und ich denke besonders an körperliche, stumpfsinnige, erniedrigende Arbeit. Was man dagegen freiwillig tut, aus Freude am Tun, das ist keine Arbeit. Ein Maler arbeitet nicht, ein Dichter arbeitet nicht, ein Spieleerfinder arbeitet nicht: er macht das, was er liebt zu tun.

Trotzdem können die meisten Autoren von Ihren Spielen nicht leben. Für sie ist das Spieleerfinden eher ein Hobby …
…. ich mag den Begriff Hobby nicht, das ist ein Wort, das mir gegen den Strich geht, weil ich glaube, es sollte umgekehrt sein. Spinoza, sein Broterwerb war Linsenpolierer. Und die Philosophie? Das war sein Hobby. Das heißt, seine Freude, sein Grund zu leben. Ich glaube, dass der wichtige Teil im Leben das ist, was man Hobby nennt. Der Rest dient nur dazu, um unseren Hobby mit Lust nachgehen zu können.

Warum machen dann so wenige Spieleautoren ihr Hobby zum Beruf?
Es wird behauptet, dass wir vom Affen abstammen, diesen fröhlichen Tieren, die auf Bäumen leben. Aber das glaube ich nicht. Wir kommen aus der Erde, unsere Vorfahren waren Nagetiere. Kleine Tiere, welche die ganze Zeit zittern, die in ihren Gängen unter der Erde leben, wo sie kleine Nester bauen und kleine Familien gründen. Ab und zu stecken sie ihre Nase heraus, schauen sich um, würden gerne heraus kommen … aber dann sagen sie sich: Besser nicht. Und das ist die Devise der meisten Menschen: Besser nicht.

Was raten Sie also Ihren Kollegen?
Glück, das bedeutet nicht, dass es reicht drauf zu warten, bis es kommt. Man muss es suchen. Und man muss es erkennen, die Gelegenheiten nicht verpassen, die sich einem bieten. Und das passiert jeden Tag.

Alle Zitate von Alex Randolph stammen aus dem Buch „Die Sonnenseite – Fragmente aus dem Leben eines Spieleerfinders„. Es erschien 2012 im Verlag „Drei Hasen in der Abendsonne“, hat knapp 140 Seiten und kostete im Oktober 2012 knapp zwanzig Euro.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert