Das Spiel Collab will die Kommunikation und Kooperation zwischen Forscherinnen und Forschern aus unterschiedlichen Disziplinen verbessern. Es erinnert dabei eher an eine Methode zur Gesprächsaktivierung als an ein klassisches Brettspiel.
Schon der niederländische Kulturhistoriker Johan Huizinga wusste: „Ein Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung […], die ihr Ziel in sich selber hat […].“ Sprich: Spielen ist zweckfrei. Zweckgerichtete Spiele instrumentalisieren dagegen das Spiel zu außerhalb des Spiels liegenden Interessen. Das gilt auch für Collab. In der Anleitung heißt es: „Ziel des Spiels ist es, sich in einem spielenden Kontext über disziplinäre Grundlagen auszutauschen. “
„Gerade zu Beginn eines interdisziplinären Projekts oder Antrags sollten wir uns Zeit nehmen, die anderen Disziplinen und ihre unterschiedlichen Arten, Wissenschaft zu betreiben, kennenzulernen. Das macht Spaß, ermöglicht eine bessere Zusammenarbeit und verhindert später viele Missverständnisse. Und wir lernen auch ganz viel über unsere eigenen Fachkulturen“, sagt Silja Klepp. Sie hat das Spiel zusammen mit Johanna Barnbeck entwickelt. Klepp ist Professorin für Humangeographie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), Barnbeck ist künstlerische Forscherin aus Berlin. Umgesetzt wurde das Projekt mit Unterstützung der CAU, der Initiative DenkRaum, der Berliner Agentur Spread the Nerd und des CAU Forschungsschwerpunkts Kiel Marine Science (KMS).
Reflexions-, Diskussions- und Ereigniskarten
Bei Collabs bewegen wir Figuren übers Brett und ziehen Reflexions-, Diskussions- und Ereigniskarten. Auf Reflexionskarten stehen Fragen wie: Welchen Sinn hat Deine wissenschaftliche Tätigkeit für Dich? Wie findest Du Deine blinden Flecken in der Forschung? Wenn Du etwas in Deiner Disziplin ändern könntest, was wäre das? Wer an der Reihe ist, äußert in maximal einer Minute seine fachliche oder persönliche Meinung. Die anderen Personen notieren sich währenddessen wichtige oder überraschende Punkte und Fragen. Wird eine Diskussionskarten gezogen, diskutieren alle am Tisch zehn Minuten über – Zitat aus der Anleitung – „eine der fünf großen Fragen. Zum Beispiel: Wie wird in Deinem Fach die Rolle von Wissenschaft in der Gesellschaft diskutiert? Mit welchen Kategorien beziehungsweise Schubladen arbeitest Du? Wie wird Deine fachliche Welt eingeteilt. Ereigniskarten verändern die Position der Figuren auf dem Brett.
Optisch orientiert sich das Spiel an der Bauhaus-Ästhetik, einer Designschule, die traditionell interdisziplinär arbeitet. „Während des Spielens entsteht eine visuelle Repräsentation des Spielablaufs, welche die Spielenden später an den Austausch erinnert. Diese sieht nach jedem Spieldurchlauf anders aus – so wie interdisziplinäre Forschung immer anders aussieht“, sagt Barnbeck.
Kostenlose Version zum Ausdrucken
Collab gibt es in deutscher und englischer Sprache, enweder zum Ausdrucken oder als Online-Version. Eine klimaneutral produzierte, farbige Version aus Karton kann auf der Projekt-Website de.interdisciplinarygames.net vorbestellt werden.
Wunsch der Macherinnen ist es, dass Collab auch einen Paradigmenwechsel in der interdisziplinären Forschung anregt. Deshalb haben Klepp und Barnbeck dem Spiel ein Manifest für gute interdisziplinäre Kooperationen vorangestellt. Darin heißt es unter anderem: „Interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert Mut, weil sie zunächst mehr Unsicherheit hervorbringt als disziplinäre Forschung.“ Aber auch: „Interdisziplinäre künstlerische und wissenschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist möglich.“ Ziel ist es dabei auch, Arbeits- und Projektgruppen zu einem diskriminierungsfreien Raum zu machen. Klepp sagt: „Interdisziplinäre Arbeit kann nervig sein oder viel Spaß machen. Collab hilft dabei, ins Gespräch zu kommen und die gemeinsame Reflektion der Strukturen und Disziplinen voranzutreiben. Dies ist zentral für eine erfolgreiche und spannende Zusammenarbeit.“ Das ist sinnvoll und richtig, hat mit einem klassischen Brettspiel allerdings recht wenig zu tun.