26. Dezember 2024
Foto: Sebastian Wenzel

Schutz vor Schmutz: Spiele archivieren

Spiele kennen zahlreiche Feinde: zum Beispiel Finger, Sonnenlicht und Schutzfolien. Wer wirklich lange Freude an seinen Spielen haben will, sollte deshalb einige Dinge beachten. Im Interview verrät Stefanie Kuschill vom Deutschen Spielearchiv Nürnberg, warum sie Zippbeutel durch Pergamintüten ersetzt, weshalb Schutzfolien gefährlich sind und wieso Profis Spiele nur mit Handschuhen anfassen.


Dieser Artikel erschien erstmals 2015 in der spielbox.

Holzwürfel, Pappmarker und Plastikfiguren: In Spielschachteln stecken viele Materialien. Welche muss ich besonders schützen?
Bevor wir anfangen, ein Hinweis vorneweg: Meine Antworten beziehen sich immer auf eine professionelle Langzeitlagerung. Moderne Spiele halten in der Regel ohne besondere Vorsichtsmaßnahmen problemlos vier, fünf Jahre. Wenn Spiele vorher schimmeln oder verrotten, müssen schon viele Faktoren nicht stimmen. Zurück zur Frage: Am häufigsten und schnellsten gehen nicht Karten oder Pöppel, sondern die Schachteln selbst kaputt. Besonders Ecken sind sehr anfällig. Und das, obwohl Schachteln heute meist aus hochwertigen Materialen bestehen. Das ist kein Vergleich zu den dünnen Pappschachteln von früher, wie zum Beispiel von Truant.

Was also tun, damit Schachteln möglichst lange durchhalten?
Man sollte sie in Regale legen und nicht zu viele Schachteln übereinander stapeln. Das Gewicht der oberen Schachteln zerdrückt sonst die unteren. Wenn man mehrere Spiele aufeinander legt, sollte man das Gewicht gleichmäßig verteilen. Das heißt, identische Schachteln aufeinander legen und nie kleine quadratische auf große rechteckige.

Kann ich Spiele auch ins Regal stellen, anstatt sie zu legen?
Spiele sind nicht darauf ausgelegt, gestellt zu werden. Erstens klappen sie auseinander und zweitens reißen dadurch die Ecken schneller ein. Ausnahmen sind spezielle Buchspiele, wie es sie früher von 3M gab. Diese besitzen verstärkte Kanten. Wer seine Spiele optimal lagern will, sollte sie deshalb immer legen, idealerweise in Archivkästen. Die Kästen schützen nicht nur vor Quetschschäden, sondern auch vor Staub und Dreck.

Apropos Dreck: Muss ich mir die Hände waschen, bevor ich Spiele anfasse?
Selbst wenn wir unsere Finger waschen, haften stets kleine Schmutzpartikel daran. Außerdem produziert unsere Haut Säure, die die Spiele angreift. Profis streifen sich deshalb Handschuhe aus Baumwolle über die Finger, bevor sie Spiele anfassen.

Spiele sind in Folien eingepackt. Wenn ich Spiele wirklich nur sammle, aber nicht spiele, sollte ich diese entfernen?
Folien enthalten in der Regel Weichmacher. Diese reagieren mit der Schachtel und greifen sie an. Ich empfehle, Spiele immer auszufolieren und in säurefreies Seidenpapier einzuwickeln. Damit arbeiten fast alle Archivare.

Heißt das, ich sollte auch die Zippbeutel wegschmeißen, die den meisten Spielen beiliegen?
Das kommt darauf an. Spielfiguren aus Plastik vertragen sich in der Regel gut mit Zippbeuteln. Generell gilt aber auch hier: Beutel können Säure enthalten. Für Käufer ist es schwierig herauszufinden, ob das der Fall ist. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte deshalb spezielle säurefreie Beutel kaufen. Wertvolle Materialien lagern wir in Pergamintüten. Das ist ein aus fein gemahlenem Zellstoff hergestelltes Transparentpapier.

Was ist mit Gummis, die viele Spieler um ihre Karten streifen?
Gummis zersetzen sich sehr schnell, je nach Materialqualität schon nach einem Jahr. Viele Menschen wissen das nicht, und fixieren Spielgeld oder Karten damit. Die Folge: Die Gummis trocknen aus, zerfallen und kleben an den Karten fest.

Wie archiviere ich spezielle Materialien,  zum Beispiel die Stifte bei Pictomania?
Stifte trocknen irgendwann aus. Das ist ein Prozess, der sich nicht verhindern lässt. Es gibt noch weitere aus archivarischer Sicht schwierige Materialen, zum Beispiel Batterien. Wenn ich ein Elektronikspiel besitze, sollte ich die Batterien aus dem Gerät entfernen. Früher oder später läuft die Batterieflüssigkeit garantiert aus und zerstört die Technik. Wenn sich in Spielschachteln Bälle oder Schwämme aus Schaumstoff befinden, würde ich dieses von den restlichen Materialen trennen. Schaumstoff zersetzt sich schnell und dieser Prozess kann andere Materialen in der Schachtel schädigen.

Wenn die Spiele eh offen sind, sollte ich Marker ausstanzen?
Ob Plättchen und Marker ausgestanzt sind oder nicht, macht keinen Unterschied. Allerdings ist es einfacher zu kontrollieren, ob ein Spiel vollständig ist, wenn Plättchen und Marker nicht ausgestanzt sind.

Zurück zu den Schachteln: Muss ich diese vor Tageslicht schützen?
Wenn ich kräftige Farben mag, sollte ich meine Spiele nicht ans Fenster stellen. Das UV-Licht der Sonne bleicht die Farben aus – und das, obwohl die Verpackungen von modernen Spielen oft laminiert sind. Besonders dramatisch ist dieser Effekt bei selbstgebastelten Prototypen. Filzstiftzeichnungen verschwinden im Sonnenlicht schneller als man gucken kann.  Wenn Spiele offen im Raum stehen, kann man  UV-Schutz-Folien auf die Scheiben kleben. Ich würde aber empfehlen, die Spiele in einen geschlossenen Schrank zu legen. Das hat auch den Vorteil, dass sie in offenen Wohn-Koch-Bereichen vor Fett geschützt sind. Fett kann sich auf Spielen absetzen und Flecken hinterlassen.

Ist es wichtig, bei welcher Temperatur ich Spiele lagere?
Die ideale Raumtemperatur beträgt etwa 18 Grad. Wichtiger als die Temperatur ist aber die Luftfeuchtigkeit. Ist diese zu hoch, schimmeln Spiele. Die Luftfeuchtigkeit sollte unter fünfzig Prozent liegen. Ob das der Fall ist, kann man mit speziellen Geräten messen. Entfeuchter reduzieren die Luftfeuchtigkeit. Apropos Feuchtigkeit: Wenn man Spiele abstaubt, nie mit einem feuchten, sondern immer mit einem trockenen Staubtuch.

Was, wenn ich diese Tipps bisher noch nicht kannte und kaputte Spiele besitze?
Man sollte Spiele nur restaurieren, wenn man weiß, was man tut. Viele Menschen denken zum Beispiel, sie könnten kaputte Schachtelecken mit Tesafilm reparieren. Das Gegenteil ist der Fall: Tesafilm enthält Chemikalien, die die Schachteln angreifen. Wenn schon Klebestreifen, dann sollte man säurefreie Produkte verwenden.  Das gilt auch für Uhu. Schlimmstenfalls trocknet der Kleber ein und man hat das Spiel nicht repariert, sondern es mit Flecken  weiter verschandelt. Besser ist es, kaputte Spiele einem Experten zu präsentieren. Da Spiele in der Regel aus gebundener Pappe bestehen, würde ich sie zum Buchbinder bringen.

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