Der Verein „Spiel des Jahres“ kassiert Jahr für Jahr Hunderttausende Euro Lizenzgebühren. Was passiert mit dem Geld? Unser Blick auf die Finanzen der Jury beantwortet diese und weitere Fragen.
Die Auszeichnung „Spiel des Jahres“ beflügelt nicht nur die Umsätze der Verlage – auch der Verein „Spiel des Jahres“ profitiert davon. Im Jahr 2024 erzielte die Jury über 800.000 Euro Lizenzeinnahmen. Das Geld fließt vor allem in drei Bereiche: Veranstaltungen, Förderungen und die Vereinsarbeit.
Einnahmen
Seit 1979 küren Kritikerinnen und Kritiker das „Spiel des Jahres“. Anfangs durften Verlage kostenlos mit der Auszeichnung werben. Das änderte sich 1989.
„In den ersten zehn Jahren bezahlten die Mitglieder der Jury alle Kosten aus der eigenen Tasche. Es gab auch keine Spesenentschädigungen. In dieser Zeit gewann der Preis ständig an Bedeutung. Hersteller und Handel machten ohne zusätzlichen Werbeaufwand kräftige Gewinne durch die Auszeichnungen. Weil damit auch der Informationsbedarf der Öffentlichkeit deutlich anstieg, wuchsen Aufgaben und Tätigkeiten der Jury stetig. Dieser Zustand wurde unhaltbar. Denn die einzige Einnahmequelle des Vereins waren die Vereinsbeiträge der Mitglieder.“
Spiel des Jahres, FAQ
Um die Unabhängigkeit der Jury zu sichern, führte der Verein ein Lizenzmodell ein. Seitdem gilt: Verlage dürfen kostenlos mit den Auszeichnungen werben. Wer jedoch den bekannten „Spiel des Jahres“-Pöppel auf die Schachtel drucken möchte, muss eine Lizenzgebühr zahlen. Sie wird pro verkauftem Spiel erhoben. Wie diese genau berechnet wird, darüber bewahren der Verein und die beteiligten Verlage Stillschweigen.
In Branchenkreisen spricht man von etwa einem Prozent des Verkaufspreises. Kostet ein Spiel zum Beispiel 30 Euro, wären dies knapp 30 Cent je Spiel und bei einer nicht unüblichen Verkaufszahl des „Spiels des Jahres“ von 400.000 Stück also immerhin knapp 120.000 Euro für das Siegerspiel. Für die anderen nominierten Spiele gilt der halbe Satz. Dazu generiert der Verein auch Einnahmen aus älteren Jahrgängen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
„Spiel des Jahres“-Pöppel: Nutzung nur mit Vertrag
Nominierte Spiele dürfen den Pöppel drei Jahre lang tragen, Sieger unbegrenzt. Solange der Pöppel verwendet wird, sind Lizenzgebühren fällig.
Spiele auf der Empfehlungsliste dürfen den Pöppel zwei Jahre lang kostenlos auf der Rückseite der Schachtel verwenden. Seit 2025 können Verlage ihn auch auf die Vorderseite drucken. „Für die ersten 5.000 Exemplare zahlen sie dafür keine Lizenzgebühren. Ab dem 5.001. Exemplar gelten die gleichen Sätze wie für nominierte Spiele“, erklärt der Jury-Vorsitzende Harald Schrapers. Die neue Regelung solle kleineren Verlagen zugutekommen. „Sie profitierten davon, wenn der Pöppel auf der Vorderseite und nicht nur auf der Rückseite zu sehen ist“, sagt Schrapers.
Unabhängig davon, ob Lizenzgebühren fällig werden oder nicht: Wer den blauen, roten oder anthrazitfarbenen Pöppel verwenden möchte, muss einen Vertrag unterzeichnen. Dieser regelt unter anderem die zulässige Darstellung des Siegels – etwa in Bezug auf Farbe, Form, Beschriftung und maximale Größe. „Das soll eine missbräuchliche Nutzung verhindern“, schreibt die Jury.

Mehr als 800.000 Euro Lizenzerlöse
Welche Lizenzgebühren auf welches Spiel entfallen, ist nicht bekannt. Die Höhe aller Einnahmen schon: 2024 erzielte der Verein 800.417 Euro Lizenzeinnahmen, ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr um etwa 55.000 Euro (2023: 744.700 Euro). Zu den ausgezeichneten Titeln gehörten 2024 das Kinderspiel Die magischen Schlüssel, das Spiel Skyteam sowie das Kennerspiel e-Mission. 2023 waren es das Kinderspiel Mysterium Kids, das Spiel Dorfromantik und das Kennerspiel Challengers.
Spiel des Jahres: Einnahmen 2024
Posten | Betrag |
---|---|
Lizenzerlöse | 800.417 Euro |
Rücklagen | 63.411 Euro |
Zinseinnahmen | 1.026 Euro |
Summe | 864.854 Euro |
Trotz der hohen Einnahmen sah sich der Verein in beiden Jahren gezwungen, auf Rücklagen zurückzugreifen, um ein ausgeglichenes Budget zu erreichen: 63.411 Euro im Jahr 2024 und 124.052 Euro im Vorjahr. „Wir haben genug Reserven, um zwei Jahre komplett ohne Lizenzeinnahmen auszukommen – das ist essenziell für unsere Unabhängigkeit“, sagt Schrapers. Bei ihren Entscheidungen schaue die Jury nie auf Verkaufszahlen eines Spiels. „Die kennen wir vorab gar nicht, und wir achten auch nicht auf den Absatzpreis eines möglichen ‚Spiel des Jahres‘, sondern nur auf die Qualität der Spiele.“
Ausgaben
Die Ausgaben setzten sich 2024 wie folgt zusammen.
Spiel des Jahres: Ausgaben 2024
Posten | Betrag |
---|---|
Veranstaltungen (teils inklusive Reisekosten) | 290.910 Euro |
Förderungen (teils inklusive Reisekosten) | 204.275 Euro |
Personal | 179.620 Euro |
Öffentlichkeitsarbeit | 62.602 Euro |
Jurytagungen (inklusive Reisekosten) | 41.994 Euro |
Verwaltung | 40.742 Euro |
Mieten | 17.096 Euro |
Aufwandsentschädigungen | 15.438 Euro |
Steuern | 7.220 Euro |
Abschreibungen | 4.956 Euro |
Summe | 864.854Euro |
Ausgaben für Veranstaltungen
Mit knapp 291.000 Euro waren Messen, Preisverleihungen und Veranstaltungen 2024 der größte Ausgabenposten. Das sind etwa 73.000 Euro mehr als im Vorjahr (2023: 218.050 Euro). Der Anstieg erklärt sich durch allgemeine Kostensteigerungen sowie zusätzliche Projekte, etwa den parlamentarischen Spieleabend im Bundestag (6.984 Euro) und dem Tag der Brettspielkritik (31.648 Euro), der im März in Mannheim stattfand. Die Preisverleihung in Berlin kostete 114.855 Euro, etwa 10.000 Euro mehr als im Vorjahr (2023: 103.476 Euro).

Die Jury war in den beiden Jahren auf unterschiedlichen Veranstaltungen vertreten: 2023 unter anderem auf der Gamescom in Köln (9.781 Euro), der UK Games Expo in Birmingham (6.372 Euro) und der BGG Spring in Dallas (2.826 Euro). Diese Veranstaltungen wurden 2024 nicht mehr besucht. Stattdessen war die Jury auf der Spiel doch in Dortmund, der Hobbymesse in Leipzig, dem Festival in Cannes und dem Spielefest in Wien. „Wir sind heutzutage auf mehr Messen und Conventions vertreten als früher. Allerdings prüfen wir jedes Jahr, ob Aufwand und Ertrag in einem angemessenen Verhältnis stehen. Wenn das nicht der Fall ist, verzichten wir auf zukünftige Teilnahmen“, sagt Schrapers.
Spiel des Jahres: Ausgaben 2024 für Veranstaltungen
Posten | Betrag |
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Preisverleihung Berlin (inklusive Reisekosten) | 114.855 Euro |
Tag der Brettspielkritik (inklusive Reisekosten) | 31.648 Euro |
Spiel Essen (inklusive Reisekosten) | 29.186 Euro |
Spieleabend Philharmonie Essen | 21.950 Euro |
Festival Cannes, Spielefest Wien (inklusive Reisekosten) | 20.082 Euro |
Vorabendempfang Berlin | 17.997 Euro |
GenCon Indianapolis (inklusive Reisekosten) | 16.947 Euro |
Messekosten allgemein | 11.255 Euro |
Messe Nürnberg, Spiel doch Dortmund (inklusive Reisekosten) | 10.849 Euro |
Hobbymesse Leipzig (inklusive Reisekosten) | 9.157 Euro |
Parlamentarischer Spieleabend (inklusive Reisekosten) | 6.984 Euro |
Summe | 290.910 Euro |
Ausgaben für Förderungen
Die Unterstützung verspielter Projekte ist der zweite großer Schwerpunkt der Vereinsarbeit. „Unser Förderprogramm ist uns ein zentrales Anliegen“, sagt Schrapers. „In unserer Satzung ist fest verankert, dass wir das Kulturgut Spiel sowie Toleranz und sozialen Zusammenhalt durch gemeinsames Spielen stärken wollen.“ Seit dem Start des Programms im Jahr 2012 wurden bis einschließlich 2025 laut Schrapers 947 Projekte mit einer Gesamtsumme von etwa 870.000 Euro unterstützt.
Im Jahr 2024 half der Verein laut einem im Mai 2024 verschickten Newsletter 88 Projekten mit insgesamt etwa 97.000 Euro – darunter Ludotheken, Schulinitiativen, regionale Spieletreffs, universitäre Projekte und das Deutsche Spielearchiv in Nürnberg. Im Rechenschaftsbericht werden für Förderprogramm 101.319 Euro aufgeführt (2023: 134.271 Euro). Die Differenz erklärt sich laut Schrapers durch zusätzliche Mittel, die in die erst am Jahresende durchgeführte „Spiel am Nil“-Veranstaltung flossen. Sie wurde durchgeführt vom Münchener Museum Ägyptischer Kunst gemeinsam mit Boardgame Historian.
Einen besonderen Förderbereich bildete die Wissenschaft: Seit 2022 flossen jährlich etwa 80.000 Euro in zwei Promotionsstellen an der Universität Konstanz. Dabei wurde und wird das Spiel als kulturelles Phänomen erforscht. Die Förderung der Promotionsstellen ist im vergangenen Jahr ausgelaufen. Stattdessen finanziert die Jury nun eine Postdoc-Stelle an derselben Universität.
Das Deutsche Nachwuchs-Spieleautoren-Stipendium der Spieleautorenzunft (SAZ) förderte der Verein mit 4.200 Euro. Davon flossen 3.500 Euro an den Stipendiaten. Die Reisekosten der von der SAZ berufenen Jury, decken die restlichen 700 Euro. Das Stipendium wird in Göttingen beim Spieleautoren-Treffen vergeben.
Spiel des Jahres: Ausgaben 2024 für Förderungen
Posten | Betrag |
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Förderprogramm | 101.319 Euro |
Universität Konstanz (inklusive Reisekosten) | 79.147 Euro |
Spielend für Toleranz | 18.960 Euro |
Stipendium SAZ | 4.200 Euro |
Spielend gesund werden | 649 Euro |
Summe | 204.275 Euro |
Ausgaben für Personal
Im Jahr 2024 beliefen sich die Personalkosten auf 179.620 Euro (2023: 162.775 Euro). Davon entfielen 143.910 Euro auf Gehälter und 35.710 Euro auf Lohnnebenkosten. Der Verein beschäftigt Personal im Umfang von zweieinhalb Stellen: einen hauptamtlichen Geschäftsführer, eine Mitarbeiterin in der Geschäftsstelle und einen Verantwortlichen für Website, Podcast und Social Media. In dem Betrag sind auch 3.000 Euro für Minijobs enthalten, mit denen zusätzliches Standpersonal bei Messen im Inland bezahlt wird.
Ausgaben für Verwaltung
Für die Verwaltung gab der Verein 2024 insgesamt 40.742 Euro aus. Der größte Anteil davon entfiel auf Buchhaltung, Prüfung und Beratung (28.833 Euro). Es folgen mit deutlichem Abstand Porto (2.129 Euro), Bürobedarf (1.957 Euro), Versicherungen (1.602 Euro) sowie weitere Posten.
Ausgaben für Aufwandsentschädigungen
Die Jury-Mitglieder arbeiten ehrenamtlich. Auslagen werden ihnen erstattet, wenn sie im Auftrag der Jury unterwegs sind. Diese Ausgaben für Reisen, Übernachtungen oder Verpflegung sind nicht gesondert im Rechenschaftsbericht ausgewiesen, sondern in anderen Posten enthalten, zum Beispiel bei den jeweiligen Veranstaltungen.
Für ehrenamtliche Tätigkeiten, die über das Ausprobieren und Bewerten von Spielen hinausgehen, zahlt der Verein eine Aufwandsentschädigung. Dazu zählen etwa die Vorstandsarbeit, die Tätigkeit der Sprecherin, die Moderation der Preisverleihung, bestimmte Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit sowie die Mitarbeit bei der Vorauswahl von Förderanträgen. „Die Höhe der Aufwandsentschädigung, die von den Vereinsmitgliedern zu versteuern ist, entspricht zurzeit ungefähr 25 Euro pro Stunde“, schreibt die Jury. Im Jahr 2024 flossen 15.438 Euro an Aufwandsentschädigungen. Das entspricht rechnerisch etwa 618 Stunden zu je 25 Euro. Im Jahr 2023 betrugen die Aufwandsentschädigungen 17.100 Euro.
Fazit
Ein Blick in den Rechenschaftsbericht zeigt: Der Verein „Spiel des Jahres“ hat einen großen Einfluss auf die Branche und Szene – auch finanziell. Verlage profitieren vom werbewirksamen Pöppel, der Verein von den daraus generierten Einnahmen. Diese fließen wiederum in Projekte, die das Kulturgut Spielen fördern. Damit ist die Jury einer der wenigen relevanten Förderer in diesem Bereich. „Wir würden uns freuen, wenn Politik und Verwaltungen in Kommunen, den Ländern sowie dem Bund Brettspiel-Projekte in weitaus größerem Maße auch finanziell unterstützen würden“, sagt Schrapers.

Im Jahr 2024 flossen etwa ein Drittel der Gelder in Veranstaltungen (34 Prozent) und etwa ein Viertel (24 Prozent) in Förderungen. „Eigentlich streben wir an, dass beide Bereiche in gleichem Maße profitieren“, sagt Schrapers. „30 Prozent sollen in Förderprojekte fließen, weitere 30 Prozent in Messen und Veranstaltungen. Die verbleibende 40 Prozent benötigen wir für Personal, Verwaltung und die Juryarbeit.“
Solange der Verein „Spiel des Jahres“ Rechenschaftsberichte veröffentlicht, lässt sich weiterhin nachvollziehen, ob das gelingt – und welche Auswirkungen das Millionengeschäft mit dem Pöppel auf die Finanzen der Jury hat.
Quellen und Transparenzhinweis
Die Informationen in diesem Artikel basieren auf den Rechenschaftsberichten 2023 und 2024 des Vereins „Spiel des Jahres“, auf Angaben auf der Internetseite der Jury sowie einem Telefoninterview mit Harald Schrapers, dem Vorsitzenden der Jury.
Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden Cent-Beträge kaufmännisch gerundet. Rundungsdifferenzen können dazu führen, dass Teilsummen nicht exakt mit der Gesamtsumme übereinstimmen.
Auch kulturgutspiel.de wurde bereits indirekt von der Jury gefördert. Der Verein „Spiel des Jahres“ hat 2021 den Druck von Null Ouvert – Magazin für analoge Spielkultur mit 2.600 Euro unterstützt. Null Ouvert war ein Projekt von Klemens Franz, dem Spielecafé der Generationen und Sebastian Wenzel, dem Kopf hinter kulturgutspiel.de.